Trotz des Endes der Ampelregierung sollten in den kommenden Wochen noch Gesetze im Energierecht beschlossen werden und in Kraft treten, fordert der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne). „Es gibt viele wichtige und dringende Gesetzesvorhaben, die kurz vor dem Abschluss stehen und deren reine Sachinhalte parteiübergreifend zu großen Teilen zustimmungsfähig sein sollten. Ein Abbruch würde große Nachteile für die Wirtschaft und Bürger mit sich bringen“, sagt bne-Geschäftsführer Robert Busch.
Wichtige Entscheidungen für Energiespeicher
Als Beispiel nennt er die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). „Die darin vorgesehenen systemdienlichen Regelungen für das Laden von Speichern aus dem Netz sind unverzichtbar, weil so Stromspitzen geglättet werden. Auch die geplante Verbesserung bei der Umsetzung von flexiblen Netzanschlussvereinbarungen ist für die Planungssicherheit der Energiewirtschaft essentiell.“ Der allseits umstrittene Teil des Gesetzesvorhabens, das Messstellenbetriebsgesetz, könne dagegen abgetrennt und von der Folgeregierung geregelt werden.
Weitere wichtige Vorhaben:
Das weit fortgeschrittene Verfahren zur Änderung der Erhebung der Gasspeicherumlage sei für die Versorgungssicherheit der beginnenden Heizperiode wichtig.
Dies gelte auch für die Novelle des Strom- und Energiesteuergesetzes. Diese steht kurz vor dem Abschluss.
Geregelt werden darin unter anderem Vereinfachungen beim bidirektionalen Laden, die technologieoffene Erfassung von Stromspeichern als Teil des Versorgungsnetzes und die Vermeidung von Doppelbesteuerung. „Es geht um ein Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Steuerrecht und betrifft mithin ausschließlich Ziele, die von allen Parteien im Bundestag verfolgt werden. Also gibt es keine Argumente gegen eine zügige Verabschiedung des Gesetzes“, sagte Busch. „Taktische Spielchen müssen jetzt einfach mal außen vor bleiben, ansonsten ist dieser Neuanfang gleich wieder mit dem Ballast der vergangenen Regierung belastet.“
Agora: Krisen machen entschiedenes Handeln nötig
„Die zunehmenden geopolitischen Spannungen, Handelskonflikte und die sich verschärfende Klimakrise erfordern entschiedenes Handeln – sowohl in Deutschland als auch in ganz Europa. Eine strategisch kluge und sozial ausgewogene Klimapolitik ist jetzt als Schlüssel für Stabilität und Resilienz wichtiger denn je“, betont Simon Müller, Direktor der Denkfabrik Agora Energiewende Deutschland. Deshalb sei es zentral, dass Deutschland seinen langfristigen klima- und energiepolitischen Kurs zuverlässig weiterführe. Denn Klimaschutz sichere die strukturelle Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts, verbessere die Energiesicherheit und könne die soziale Teilhabe stärken.
Wichtige Investitionen auslösen
In dieser Situation kommt es darauf an, die nötigen klimaneutralen Investitionen in der Industrie auszulösen und damit die deutsche Wirtschaft in globalen Zukunftsmärkten wettbewerbsfähig aufzustellen. Unternehmen, die in Schlüsseltechnologien wie Elektromobilität, erneuerbare Energien und eine klimaneutrale Industrieproduktion investieren, sichern langfristig Arbeitsplätze und Wohlstand am Standort Deutschland.
„Klimapolitik stärkt zugleich die Resilienz: In den kommenden 20 Jahren kann dadurch Deutschlands Abhängigkeit von Energieimporten um 85 Prozent gegenüber 2019 sinken, wie unsere Analysen zeigen“, sagt Müller.
Günstiger Strom als Chance
„Jede parteitaktische oder ideologische Verzögerung gefährdet die Versorgung von Industrie und Wirtschaft mit günstigem Strom aus erneuerbaren Energien“, unterstreicht Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Für die Stromversorgung des Landes sei die Solartechnik inzwischen systemrelevant. Mit ihren rund 150.000 Jobs und einem Jahresumsatz von rund 25 Mrd. € sei sie zugleich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. „Als Stimme der Solar- und Speicherbranche appellieren wir an die Mitglieder des Deutschen Bundestages, jetzt parteiübergreifend Entscheidungs- und Kompromissfähigkeit bei wichtigen energiepolitischen Fragestellungen zu beweisen, für Investitionssicherheit in der Energiewende zu sorgen und den Abbau von Marktbarrieren fortzuführen.“
Die Solar- und Speicherbranche erwarte von allen seriösen Parteien schon im Wahlkampf ein klares Bekenntnis zur Fortführung des Ausbaus der Solarenergie als systemrelevanter, günstigster und beliebter Energieerzeugungstechnik.
Eine Verunsicherung von Wirtschaft und Verbrauchern müsse unbedingt vermieden werden. Sie würde die Versorgung mit günstigem Grünstrom gefährden. „Für das Erreichen der bereits in der großen Koalition vereinbarten Klimaschutzziele ist das ebenso elementar wie für eine erfolgreiche Zukunft der Solar- und Speicherbranche in Deutschland. Dies ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, wie auch Meinungsumfragen belegen“, betont der Geschäftsführer.
BWE: "Bruch ist dramatisch"
"Der Bruch der Koalition zum jetzigen Zeitpunkt ist dramatisch. Gerade jetzt kann sich Deutschland keinen Stillstand leisten“, sagt Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie (BWE). Die deutsche Energiewirtschaft, die überwiegend erneuerbar geprägt sei, brauche Planungssicherheit, um die Herausforderungen der kommenden Jahre zu stemmen. Daher werde Kontinuität in den großen Linien der Energiepolitik entscheidend sein. „Wir appellieren jetzt an die Regierung, wie von Kanzler Olaf Scholz angekündigt, noch bis Ende des Jahres die bereits vorbereiteten Gesetzesvorhaben umzusetzen, um keinen Stillstand zu provozieren.“