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topplus Biogas-Infotage

Biomassepaket bewegt viele Anlagenbetreiber

Beim Biomassepaket passen vielen Dinge aus Praktikersicht nicht. Dazu gehört die kurzen Betriebszeiten bei Wärmenutzung, zeigen Diskussionen und Vorträge bei den Biogas-Infotagen in Ulm.

Lesezeit: 5 Minuten

Das neue Biomassepaket hat die Branche offensichtlich in Bewegung gebracht und neue Fragen aufgeworfen. Das zeigte sich auch bei den beiden Biogas-Infotagen von renergie Allgäu wurden in den erstmals drei Ulmer Messehallen mit 154 Ausstellern (2024: 141 Aussteller) gut 1800 Besucher gezählt – 30 % mehr denn je in den vorausgegangenen 10 Jahren.

Trotz der vielen Informationen blieben in den rund 40 Fachvorträgen in drei Foren unbeantwortet. „Hier muss die Politik unbedingt nochmal nachregulieren, um für mehr Klarheit und Sicherheit zu sorgen“, sind sich renergie Geschäftsführer Florian Weh und zahlreiche Biogas-Experten einig.

Erstes klares Bekenntnis

Immerhin: „Das Paket ist das erste klare und parteiübergreifende Bekenntnis aus Berlin für die Erneuerbaren Energien aus Biomasse“, zieht Vereinsvorsitzender Thomas Hartmann aus dem Papier viel Zuversicht für die Branche und zeigt sich selbst auch optimistisch:  „Die verschiedenen Schwachstellen sind mit hinreichend politischem Willen leicht in Griff zu bekommen.“

Dabei denkt er vor allem an die schwer zu vereinbarenden Forderungen nach noch mehr Flexibilität bei gleichzeitiger Wärmenutzung. Laut dem neuen Gesetzesentwurf, der einen Tag nach den Infotagen im Bundestag beschlossen wurde, soll die Förderung für Anlagen ab 350 kW künftig auf 100.000 Betriebsviertelstunden jährlich begrenzt werden.  

Das bedeutet umgerechnet eine Beschränkung auf 2.920 Betriebsstunden oder 33 % der Leistungsfähigkeit. Zusätzlich sollen Anlagen mit bereits bestehenden Wärmenetz bei künftigen Ausschreibungen bevorzugt bezuschlagt werden. „Keine Ahnung, was man sich dabei gedacht hat“, schüttelt auch der Regensburger Fachanwalt Dr. Helmut Loibl seinen Kopf. Die jährliche Heizperiode dauere schließlich länger als die Anlage produzieren dürfe.

Neue, hochflexible Fahrweise

Der Jurist fasst die Konsequenzen aus Biomasse-Pakets wie folgt zusammen: Nur hochflexible Anlagen mit großem Gasspeicher haben eine wirtschaftliche Zukunft, von den Betreibern wird eine völlig neue, hochflexible Fahrweise gefordert. „Das wird kompliziert, kann aber auch reizvoll sein“, macht Dr. Loibl in seinen Vorträgen Mut, sich innovativen Ideen zu öffnen, um die Einnahmen zu erhöhen und die Ausgaben zu senken.

Dem weiter sinkenden Maisdeckel auf 25 Prozent bis zum Jahr 2026 könne beispielsweise durch neue Substrate begegnet werden, beim Ausbau von Bestandsanlagen dürften auch kostengünstige gebrauchte Komponenten eingesetzt werden, die angeschlossene Wärmeversorgung ließe sich über einen entsprechend großen Pufferspeicher absichern.    

„Wir werden dranbleiben“, nutzen die Fachleute von renergie Allgäu weiterhin jede Gelegenheit, um mit politischen Entscheidungsträgern im Gespräch zu bleiben und Vorschläge zu Korrekturen und Verbesserungen zu machen. „Das Potenzial der kleinen,   standortangepassten Biogasanlagen darf nicht verloren gehen“, verweist Vereinsvorstand Thomas Hartmann auf ihren wichtigen Beitrag zur angestrebten Wärmewende im ländlichen Raum, auf die CO2-Minderung durch die Verstromung von Gülle und Mist, auf die Fähigkeit zur nachhaltigen und flexiblen Stromerzeugung.

So reagieren Hersteller und Betreiber

Innovativ reagieren auch die Hersteller von Anlagenkomponenten auf die immer anspruchsvolleren Anforderungen im Bereich der Biogas-Technologie. Maximilian Geisberger beispielsweise hat seine BHKW mit Vorschmierpumpe und Heizung ausgerüstet, so dass sie bei jedem Neustart immer schon Betriebstemperatur haben. Damit sind die Motoren – ähnlich wie die in Lastkraftwagen -  auch langfristig der Belastung einer flexiblen Fahrweise gewachsen. „Technisch ist alles möglich“, so der erfahrene Elektrotechniker. Allein am politischen Willen zweifelt der Unternehmer. „Die Lobby der großen Energieerzeuger will uns nicht am Markt haben.“ Wie sonst seien die restriktiven Regelungen, der bürokratische Aufwand, die ständig schrumpfenden Vergütungen bei stetig steigenden Preisen zu erklären.

Nachdenken übers Abschalten

Auch unter seinen Kunden herrscht große Unsicherheit. Eberhard Ulmer, Betreiber einer 240 kW-Anlage mit angeschlossenem Nahwärmenetz aus Engstingen, denkt ernsthaft übers Abschalten nach. Zweimal bereits hat er vergeblich an Ausschreibungen teilgenommen. Sollte das Biomassepaket wie geplant in Kraft treten, dann werde er im April gar nicht mehr teilnehmen und die Anlage vom Netz nehmen. „Dann fahr ich Mist und Gülle wieder aufs Feld“, kündigt der frustrierte Landwirt an. Denn um den gesetzlichen Anforderungen nach einer flexiblen Fahrweise zu entsprechen, müsste er rund 600.000 Euro in die Überbauung investieren. „Das macht für mich keinen Sinn mehr.“ Die Nachbarn werden dann künftig mit Wärme aus einem Hackschnitzelheizwerk versorgt.

Rund ein Drittel aller Anlagenbetreiber, so schätzt renergie-Geschäftsführer Florian Weh, könnte eine ähnliche Entscheidung treffen, sollte das Biomassepaket in der aktuellen Form zum Tragen kommen. Davor aber muss zunächst noch eine beihilferechtliche Genehmigung durch die EU erfolgen – und niemand weiß, wie lange das dauern kann. „Ich gehe davon aus, dass die April-Ausschreibung noch unter altem Recht erfolgen wird“, wagt Fachanwalt Loibl eine vorsichtige Prognose. 

Verkauf von Pflanzenkohle

Eine ganz neue Idee für Zusatzerlöse hat das Ostallgäuer Unternehmen Autarkize entwickelt: In einer Modellanlage in Marktoberdorf wurde eine Pyrolyseanlage installiert, in der all das, was die angrenzende Biogasanlage nicht verarbeitet, in Gas und Pflanzenkohle verwandelt wird. Ersteres wird direkt in die Anlage gespeist, um dort die Leistung zu steigern. Die Kohle kann gleich zweifach vermarktet werden. Einmal, in dem sie beispielsweise als wertvoller Rohstoff an Garten- und Straßenbaubetriebe verkauft wird und zweitens durch den CO2-Zertifikatehandel. Nach vier Jahren bereits, so StartUp-Gründer Michael Konder, habe sich die Investition in eine solche Kombi-Anlage amortisiert. 

 

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