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Planung von Agri-PV-Anlagen: „Der Markt ist reif!“

Das Unternehmen Metavolt plant individuelle Agri-PV-Anlagen für Landwirte. Wir sprachen mit Geschäftsführer Thomas Reimers über aktuelle Herausforderungen und Marktaussichten.

Lesezeit: 8 Minuten

Metavolt unterstützt Landwirte bei der Realisierung individueller Agri-PV-Systeme, um für jeden Betrieb eine optimale Anlage bezüglich Wirtschaftlichkeit und Landwirtschaft zu entwickeln. Ebenso unterstützt Metavolt auf Wunsch bei der Elektrifizierung und Digitalisierung des Betriebs mit dem Ziel, den Strom-Eigenverbrauch maximal zu steigern und so die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Das Unternehmen ist dabei in der herstellerunabhängigen Planung und Beratung tätig, arbeitet aber bezüglich Verkauf und Bau von Anlagen eng mit renommierten Partnern zusammen. Wir sprachen mit Geschäftsführer Thomas Reimers über den aktuellen Markt und die Zukunftsaussichten. 

Sie sind seit knapp drei Jahren im Bereich Agri-PV tätig. Warum ist der Markt aus Ihrer Sicht interessant?

Reimers: Einerseits haben wir die Anforderungen der Energiewende, wir brauchen sehr viel grünen Strom. Andererseits haben Landwirte auch immer stärker mit dem Klimawandel zu kämpfen: Dürre, Starkregen, Hagel und anderes Extremwetter. Agri-PV-Anlagen können hier Schutz bieten. Anders als reine Freiflächenprojekte, bei denen es weniger um die Anforderungen der Energiewirtschaft als um Rendite geht, kann eine Agri-PV Teil einer Kreislaufwirtschaft sein, bei der viele Bereiche miteinander verzahnt werden: nicht nur der Schutz von Sonderkulturen wie Beeren oder Obst, sondern z.B. auch von Geflügel, die gern unter den Modulen Schutz suchen vor Greifvögeln. Von unseren knapp 300 Anlagen, die wir aktuell geplant haben, haben über 50 mit Geflügelhaltung  zu tun.

Bei Freiflächen sind Landwirte häufig Verpächter. Wie nehmen Sie das bei Agri-PV wahr?

Reimers: Die meisten Landwirte, mit denen wir zusammenarbeiten, wollen die Anlage selbst betreiben. Das sind dann meist privilegierte Anlagen auf maximal 2,5 ha.

Viele Unternehmen im Bereich Agri-PV planen, verkaufen und bauen Anlagen. Wie lautet Ihr Geschäftsmodell?

Reimers: Wir sind ausschließlich in der herstellerunabhängigen Planung und Beratung tätig. Wir wollen den Landwirten helfen, verschiedene Elektrifizierungsbausteine in ihr Betriebskonzept zu integrieren. Wir haben dabei schwerpunktmäßig mit dem Thema Agri-PV angefangen, weil das für uns auch ein wunderbarer Baustein war, um eine energetische, aber auch eine finanzielle Grundlage für die landwirtschaftlichen Betriebe zu schaffen. Darauf aufbauend kann man auch noch ganz viele andere Dinge machen im Sinne von Elektrifizierung. Da drängt seit ein paar Monaten massiv das Thema Batterie herein. Ohne Batterie wird die Energiewende, so wie wir sie uns vorstellen, nicht funktionieren.

Wie sieht das praktisch aus? Wie gehen Sie vor, wenn Sie ein Landwirt kontaktiert?

Reimers: Die Praktiker nennen uns beispielsweise drei oder vier Flächen, auf denen sie sich eine Anlage vorstellen würden. Wir können mit unserer eigenen Software in wenigen Stunden eine Lösung präsentieren, welche Fläche am sinnvollsten ist. Auf Wunsch simulieren wir dabei Süd- oder Ost-West-Belegung bei verschiedenen Modulanstellwinkeln. Wir können anhand eines 3D-Modells zeigen, mit welchen Traktoren er darunter oder zwischen den Reihen arbeiten kann. Der Landwirt soll das Ganze auch verstehen und eine richtige Arbeitsgrundlage für die weitere Entscheidung erhalten. Wir können dabei sogar gleich das optimale Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital für die Finanzierung ermitteln. Bei der Wirtschaftlichkeit rechnen wir sehr konservativ. Wir wollen ja nicht unbedingt eine Anlage um jeden Preis verkaufen, sondern ein optimales Ergebnis für den Landwirt erzielen.

Was bedeutet das?

Reimers: Wir rechnen mit einer Einspeisevergütung von maximal 8 ct/kWh und rund 18 % Negativstunden, also Stunden, in denen der Börsenstrompreis negativ ist und der Anlagenbetreiber keine Vergütung erhält. Zudem kalkulieren wir verschiedene Optionen. So gibt es Anlagenkonzepte, die lohnen sich erst in Kombination mit einem Batteriespeicher, wenn z.B. viel Strom nachts selbst verbraucht werden soll.  Andere sind auch ohne externen Speicher sinnvoll und wirtschaftlich. Vielleicht lohnt sich aber eine Anlage überhaupt nicht. Darüber sprechen wir sehr offen mit den Interessenten.

Mit welcher Leistung rechnen Sie pro ha?

Reimers: Wir kalkulieren in der Regel mit 1,2 bis 1,4 MW pro Hektar. Das hängt von der Belegungsdichte ab. Es gibt auch Kombinationen: Zwischen den Reihen lässt sich mit normalen, großen Maschinen arbeiten, unter den Modulen eher mit Kleintraktoren oder handgeführten Geräten.

Sie haben eingangs gesagt, dass viele Landwirte Agri-PV mit der Geflügelhaltung kombinieren wollen. Was sind die Gründe?

Reimers: Solarstromproduktion und Geflügelhaltung ergänzen sich ideal. Ob Masthähnchen, Legehennen, Puten oder Gänse: Durch die Doppelnutzung der Fläche profitieren Landwirte zusätzlich von der Stromproduktion und verbessern Tierwohl und Nachhaltigkeit. Mit Agri-PV-Anlagen in der Geflügelhaltung können mindestens 90 % der Fläche weiter genutzt werden, häufig sogar fast die komplette Fläche. Durch die Konstruktion der PV-Anlage sind Licht und Wasser optimal verfügbar. Die Überdachung produziert nicht nur Strom, sondern schützt Nutztiere auch vor Greifvögeln und kann ihren Stress deutlich reduzieren. Eine weitere Hypothese vieler Geflügelhalter und Wissenschaftler: Mehr Schutz und Struktur im Auslauf führen zu einer höheren Nutzung durch die Tiere und reduzieren zum Beispiel das Risiko von Federpicken, einer Stressreaktion. Dank der Überdachung bewegen sich Hühner, Puten oder Gänse zudem in einem größeren Radius um die Stallungen. Auch das bietet Vorteile, da die Nitratbelastung des Bodens besser verteilt wird und sich dank der Schutzkulisse künftig nicht nur auf den unmittelbaren Nahbereich am Stall konzentriert.

Aktuell gibt es aber in der Kombination von EEG, Festlegung der Bundesnetzagentur und DIN SPEC 91434 noch einige rechtliche Unsicherheiten. Was raten Sie dazu?

Reimers: Nahezu jeder Fall muss einzeln betrachtet werden. Voraussetzung für die erfolgreiche Installation und den Betrieb einer Agri-PV-Anlage ist daher eine umfassende Planung, welche die Landwirte frühzeitig einbezieht und die jeweiligen Bedürfnisse berücksichtigt. Die Anlagen planen wir dann unter Einhaltung von Standards wie DIN SPEC 91434 für Agri-PV-Anlagen und DIN SPEC 91424 für die Tierhaltung. Dabei gilt es auch die Richtlinien des jeweiligen Bundeslandes zu berücksichtigen, z.B. hinsichtlich der Unterschiede zwischen Bio- und konventioneller Haltung. Erfüllt die Anlage die Anforderungen hinsichtlich der landwirtschaftlichen und energetischen Nutzung, ist sie nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) förderfähig. Dank Sonderausschreibungs-Segment ergibt sich eine höhere EEG-Vergütung mit Startgebot von 9,5 ct/kWh, sobald das Solarpaket 1 von der EU notifiziert ist. Bei Anlagegrößen bis 1 MW bzw. bis 6 MW bei Bürgerenergiegenossenschaften ist eine Teilnahme an der Ausschreibung gar nicht nötig. Dass die symbiotischen Effekte der Agri-PV-Anlagen planbar und messbar sind, erleichtert zudem oft ihre Genehmigung. Anlagen mit einer Größe von bis zu 2,5 Hektar sind nach § 35 Baugesetzbuch baurechtlich privilegiert. Mein Fazit: Mit der richtigen Planung lassen sich die bestehenden Probleme lösen.

Die DIN SPEC 91424 für die Tierhaltung ist allerdings noch nicht umgesetzt. Wenn ein Landwirt eine niedrig aufgeständerte Anlage für die Geflügelhaltung mit einer Modulhöhe unter 2,10 m plant, erfüllt er die DIN SPEC 91434 nicht und erhält damit auch keine EEG-Vergütung für Agri-PV-Anlagen. Er müsste also in die Ausschreibung für eine konventionelle Freiflächenanlage. Wie gehen die Betriebe damit um?

Reimers: Hier müssen wir differenzieren. Umgesetzt im Sinne von formuliert, diskutiert und finalisiert ist dies eigentlich schon lange. Aber: In den vergangenen Monaten beobachten wir die verstärkte, teils absurde Lobby-Arbeit verschiedener Gruppierungen und Organisationen. Aus Motiven, die sich uns nicht ganz erschließen, wird hier mit allen Mitteln versucht, das Thema Agri-PV zu bremsen und in ein sehr schlechtes Licht zu rücken. Außerdem wird massiv Einfluss auf die Bundesnetzagentur genommen, mit teils fragwürdigen Methoden aus juristischer Sicht. Wir glauben und kämpfen mit starken Vertretern großer Verbände, Vertretern all jener Parteien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Teil der nächsten Regierung sein werden, und gut vernetzten Landwirten dafür, dass die DIN Spec Tierhaltung in den kommenden Monaten offiziell wird und als Arbeitsgrundlage für die BNA dient. Ich glaube nicht daran, dass wir erst 2026 darauf hoffen dürfen. Dafür hängt einfach zu viel davon ab. Für einen Großteil unserer Kunden kann man sagen, dass diese so fest entschlossen sind, Agri-PV umzusetzen, dass die meisten es selbst im Falle einer starken Verzögerung trotzdem tun werden oder sich bereithalten, sobald die Regulatorik eindeutig verabschiedet ist.

Geht es auch ohne das EEG irgendwann?

Reimers: Ja, wir arbeiten mit vielen Landwirten bereits an Vergütungskonzepten, die völlig EEG-unabhängig wunderbar funktionieren, teils sogar profitabler und genauso bankenfinanzierbar sind. Irgendwann kommt zwangsläufig der Tag, an dem wir die Projekte ohne EEG-Förderung realisieren müssen. Es kann also nicht schaden, diese Konzepte schon jetzt auf den Weg zu bringen.

Sie haben die weitere Elektrifizierung erwähnt. Welche zukünftigen Entwicklungen erwarten Sie?

Reimers: Elektrifizierung bedeutet für uns nicht nur Erzeugung und Speicherung, sondern auch Energieeffizienz, Elektrifizierung und Digitalisierung der Höfe sowie ergänzende Projekte, die große Mengen Strom direkt vor Ort veredeln, ohne dass dieser das öffentliche Netzt durchläuft. Viele Agri-PV-Anlagen in Umsetzung planen wir von vornherein Power-to-X-ready. Zum Beispiel installieren wir bei den meisten Anlagen, die wir gerade planen, direkt Trafostationen, die von vornherein für Überschlusseinspeisungen gebaut sind und nicht nur für Volleinspeisungen, um auch im Nachgang noch bestimmte Dinge andocken zu können. Auch Überbauungsszenarien in Kombination mit Batterie oder Biogas oder mit Windparks sind möglich. Das passt ja sehr gut zusammen, wenn man da den richtigen Parkregler dazwischenschaltet.

Können Sie Beispiele nennen?

Reimers: Es entstehen gerade ganz spannende Kombinationen und Konzepte, die reif und bei richtiger Planung bankenfinanzierbar sind. Dies können dezentrale Rechenzentren sein, Anlagen für elektrifizierte Biomassetrocknung, die Versorgung von Großwärmepumpen, die lokale Wärmenetzte speisen, Ladesäulen-Tankstellen an stark befahrenen Hauptstraßen und vieles mehr. Unsere Liste ist lang. In den kommenden Jahren wächst hier ein Baukasten solcher Konzepte, die abhängig von den lokalen Rahmenbedingungen dann ausgewählt und implementiert werden.

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