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topplus Geschäftsmodell Großspeicher

"Wir brauchen mehr unternehmerische Freiheit beim Speicherbetrieb“

Das Unternehmen European Energy setzt auch auf große Batterien. Simon Martin erklärt, warum das Geschäft boomt und Speicher unverzichtbar sind.

Lesezeit: 5 Minuten

European Energy ist ein weltweites Unternehmen, dass auch in Deutschland Standorte in Hamburg, Potsdam, Teuchern, Markkleeberg (Leipzig) und Wiesbaden unterhält. Die Firma plant, baut, betreibt und betreut Wind- und Solarparks, Power-to-X-Anlagen und produziert dort u.a. E-Methanol. In Deutschland sind Großbatterien ein neues Geschäftsfeld. European Energy plant derzeit weltweit über 70 Batteriespeicherprojekte in verschiedenen Reifegraden. Von den geplanten 6 GW Batterieleistung sind derzeit ein Drittel bereits in der Entwicklungsphase. Wir sprachen mit Simon Martin, bei European Energy verantwortlich für das Speichergeschäft in Deutschland, über die Marktaussichten.  

In Deutschland sind im vergangenen Jahr rund 100 Großspeicher ab 1 MW in Betrieb gegangen. Auch Sie sind in dem Geschäft tätig. Was ist der Grund für den Boom?

Martin: Weltweit entstehen neue Großspeicher. Grund ist zum einen der starke Zubau von erneuerbaren Energien, vor allem Wind- und Solarenergie. Das führt zu einem starken Preisverfall an der Strombörse in den Mittagsstunden und zu lokalen Überschüssen im Netz mit zunehmenden Problemen für die Netzstabilität. Aber der größte Treiber des aktuellen Booms ist der starke Preisverfall für Speicher, getrieben durch die wachsenden Produktionskapazitäten in China und durch Lerneffekte, die man bei der Produktion von E-Auto-Batterien gewonnen hat. Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) hatte im Jahr 2017 für das Jahr 2030 einen Preisverfall von 600 auf 200 €/kWh Speicherkapazität vorausgesagt. Bei diesem Preis sind wir heute – schon fünf Jahre vor der Prognose.

Wofür werden die Speicher eingesetzt?

Martin: Die ersten Projekte haben wir vor zwei bis drei Jahren in Großbritannien umgesetzt. Damals stand das Thema Netzstabilität und Reservekapazität im Vordergrund. Doch mehr und mehr werden die Speicher im Stromhandel eingesetzt. In dem so genannten Arbitrage-Handel wird der Strom bei niedrigen Preisen eingespeichert und bei höheren Preisen wieder verkauft. Dies passiert in sehr kurzen Zeitschienen, die Batterie handelt kontinuierlich und fängt auch kleine Preisdifferenzen ein. Am Schluss ist es eine Kombination von Arbitrage-Handel und verschiedenen Netzdienstleistungen.

Was ist ein guter Standort für einen Speicher?

Martin: Speicher werden überall gebraucht, daher kann man das pauschal nicht sagen. Aber tendenziell sollten sie da entstehen, wo es Stromüberschüsse gibt, beispielsweise durch Windenergie im Norden oder Solarenergie im Süden. Zudem richtet sich die Eignung eines Standorts nach den Netzanschlusskapazitäten. Das ist meist neben einem Umspannwerk der Fall, über das viele Anlagen ins Netz einspeisen. Daneben muss man aber auch die Baukostenzuschüsse der Bundesnetzagentur beachten. Diese Netzanschlussgebühren unterscheiden sich je nach Region, womit die Bundesnetzagentur den Bau von Speichern in bestimmten Regionen voranbringen will. Das ist im Moment auch eher in Richtung Norden, was unserer Meinung nach falsch ist.

Wenn wir jetzt mehr Großspeicher haben, könnten die Preisunterschiede ja kleiner werden. Bleibt das Geschäftsmodell dann trotzdem attraktiv?

Martin: Wir hoffen sogar, dass die Preisausschläge nach oben und unten geringer werden, um die Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit der Solarenergie nicht zu gefährden. Aber es bleibt trotzdem attraktiv. Denn der Zubau von Solaranlagen übersteigt den Zubau von Speichern um ein Vielfaches und wir regeln ja weiterhin Unmengen an erneuerbarer Produktion ab. Vor fünf Jahren waren hohe Preisdifferenzen nötig, damit sich ein Speicher gerechnet hat. Aber damals war die Technologie auch noch teurer. Heute nehmen wir viele kleine Schwankungen mit, welche in Summe ausreichen, um den Speicher wirtschaftlich zu betreiben.

Sie haben bislang vom Stand-Alone-Speicher am Umspannwerk gesprochen. Denkbar sind ja auch Speicher in Kombination mit Wind- und Solarparks. Wird sich das Segment Ihrer Meinung nach auch noch weiter ausweiten?

Martin: Ja, auf jeden Fall, dies ist auch unser Fokus. Aus unserer Sicht wird die Kombination von Solarparks mit Speichern immer wichtiger, um die Energieversorgung noch effizienter und flexibler zu gestalten. Der große Vorteil dabei ist, dass man die ohnehin schon vorhandene Infrastruktur und Synergien besser nutzen kann. Allerdings gibt es noch einige rechtliche Hürden. Denn wenn man den Speicher als „Grünstromspeicher“ betreiben und für den ausgespeicherten Strom z.B. die EEG-Vergütung erhalten will, darf kein Graustrom enthalten sein. Denn wenn wir auch Netzstrom laden, der zum Teil nicht aus erneuerbaren Quellen kommen kann, wird der gesamte Speicherinhalt „grau“, obwohl man die Stromengen ja messtechnisch abgrenzen könnte. Daher würden wir uns mehr unternehmerische Freiheit und Rechtssicherheit beim Speicherbetrieb wünschen.

Müssen Sie denn Graustrom, also Strom aus dem Netz, speichern?

Martin: Nur mit dem Strom aus dem Wind- oder Solarpark lässt sich so ein Speicher nicht wirtschaftlich und vor allem nicht sinnvoll betreiben. Denn nur mit Wind- oder Solarstrom könnte man am Tag einen Zyklus fahren, also einmal laden und entladen. Das reicht aber nicht und wir würden viel Potenzial des Speichers vergeuden. Wir müssen am Tag eher zwei Zyklen anstreben und neben dem Arbitrage-Handel auch Netzdienstleistungen anbieten, welche oft zwangsläufig das Laden von Graustrom voraussetzen. Das ginge, wenn man z.B. einen Wind- und Solarpark an einem Umspannwerk kombiniert anschließt, die freien Kapazitäten nutzt und mit dem Speicher an verschiedenen Strommärkten agiert. Das spricht dafür, dass so ein Speicher nicht an einem Park steht, sondern eher an einem Netzknotenpunkt. Das Gute dabei ist, dass sich Wind- und Solarenergie komplementär verhalten: Wenn viel Wind weht, speisen Solaranlagen meist weniger ein und umgekehrt. In Kombination mit einem Speicher lässt sich dann ein Netzanschlusspunkt optimal auslasten.

Sie bauen und betreiben auch Elektrolyseure. Ist die Wasserstoffproduktion dann nicht eine Konkurrenz zur Batterie?

Martin: Nein, die Technologien ergänzen sich. Wir produzieren Wasserstoff mit dem Elektrolyseur nicht in erster Linie zur Stabilisierung des Stromnetzes, sondern, um aus dem Strom ein Molekül und damit einen Rohstoff für die Industrie herzustellen, welche damit Prozesse defossilisieren kann. Als Energieträger lassen sich Wasserstoff oder Methanol auch langfristiger und einfacher speichern als Strom. Batterien sind dagegen nur für die Kurzfristspeicherung interessant, momentan bis zu vier Stunden. Beide Technologien geben Flexibilität ins Stromnetz und bringen Erzeugung und Last zusammen. Es sind Puzzlesteine für ein vollständig erneuerbares Energiesystem.

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