Schnelle Entscheidungen gibt es nach dem jüngsten Nitrat-Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes nicht. Das Gericht hatte am 6. März Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen dazu verurteilt, ihr Maßnahmenprogramm für die Flussgebietseinheit Ems im Hinblick auf den Nitratgehalt im Grundwasser nachzubessern.
Bundesverwaltungsgericht fordert Anpassungen
Die Länder hätten nicht berücksichtigt, dass das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot bereits dann verletzt sei, wenn an nur einer einzigen Überwachungsstelle mit einer Erhöhung des Nitratgehalts zu rechnen sei. Daher sei das Maßnahmenprogramm hinsichtlich zweier Grundwasserkörper, die einen negativen Trend im Nitratgehalt aufwiesen, unzureichend, urteilten die Richter. Ob die von den beiden Ländern in Anspruch genommene Fristverlängerungen bis 2027 gilt, will das Gericht nun vom Gerichtshof der Europäischen Union prüfen lassen.
Niedersachsen und NRW warten auf Urteilsbegründung
Die zuständigen Umwelt- und Landwirtschaftsministerien in Niedersachsen und NRW warten nun die schriftliche Urteilsbegründung ab, bevor sie Fragen zu den Konsequenzen für die Landwirtschaft beantworten, teilen alle vier gegenüber top agrar mit. Das kann allerdings noch mehrere Wochen dauern.
Der grüne Umweltminister von Niedersachsen, Christian Meyer, kündigte an, er wolle wie vom Gericht gefordert den Maßnahmenplan Ems zusammen mit Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die Nitratbelastung des Grundwassers nachbessern. Er verwies auf die bereits umfangreich laufenden Maßnahmen mit mehreren tausend Einzelvorhaben, die Renaturierungen, Gewässerrandstreifen und die Düngeverordnung betreffen.
Krischer: „Gewässer müssen sauberer werden“
Nordrhein-Westfalens grüner Umweltminister, Oliver Krischer, lässt mitteilen, dass die Entscheidung des Gerichts wichtig für die rechtssichere Gestaltung der künftigen Bewirtschaftungspläne und die weiteren Maßnahmen sei. „Im Ziel sind wir uns einig - die Gewässer müssen sauberer werden“, teilte er gegenüber top agrar mit.
Das Landwirtschaftsministerium in NRW hält sich zu den Konsequenzen für die Landwirtschaft wegen der noch ausstehenden Urteilsbegründung ebenfalls noch bedeckt.
Landvolk kritisiert alleinigen Fokus auf Messstellen
Der Präsident des Landvolks Niedersachsen, Dr. Holger Hennies, bemängelte, dass das Gericht die bisherige Leistung der Landwirte bei der Reduzierung von N-Überschüssen nicht berücksichtigt. Es sei unter Fachleuten der Wasserwirtschaft klar, dass aus der Entwicklung der Nitratwerte an den Messtellen allein nicht auf die Wirkung der Düngemaßnahmen in der Landwirtschaft geschlossen werden könne.
„Die Gerichte einschließlich des Europäischen Gerichtshofes orientieren sich nur an den Messwerten, unabhängig davon, was die Ursache für einen gemessen Nitratgehalt war“, sagte er. Wegen der langen Fließzeiten bis zu den Probenahmestellen könnte die geforderte Reduktion der Nitratwerte vielfach erst nach 2027 gelingen, schätzte er.
WLV sieht keinen akuten Handlungsbedarf
Nach Einschätzung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) ergeben sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts noch keine unmittelbaren Auswirkungen für die hiesige Landwirtschaft. „Die bestehenden Maßnahmenprogramme sind grundsätzlich eine gute Grundlage“, heißt es dort gegenüber top agrar. Grundwasser habe aufgrund der Verweilzeiten ein „langes Gedächtnis“; eine Reduzierung von Nitrateinträgen zeige sich oftmals erst sehr viel später in den Messergebnissen.
Unklar ist für den WLV, ob die künftig womöglich verschärften Maßnahmen an der Ems auch auf andere Flussgebiete in NRW übertragen werden. Keine Notwendigkeit sieht der Verband, nun die Landesgesetzgebung zur Düngung anzupassen. Womöglich würden aber teilweise Maßnahmen in solchen Grundwasserköpern, die einen steigenden Nitrattrend aufweisen, nachgeschärft, erwartet der WLV.
Mehr Verursachergerechtigkeit in der Düngegesetzgebung
Niedersachsens Bauernpräsident Hennies hofft nun auf eine Reform der europäischen Wasserrahmenrichtlinie durch die neue EU-Kommission und Änderungen in der Düngegesetzgebung durch die neue Bundesregierung. Es brauche eine Lösung für die bisher zu wenig berücksichtigte Verursachergerechtigkeit im Düngerecht, sagte er. Die Kläger und die Wasserwirtschaft rief Hennies auf, sich mehr beim kooperativen Gewässerschutz mit der Landwirtschaft zu engagieren.
Beim Düngerecht setzt auch der WLV nun auf die kommende Bundesregierung. Es sei eine klare Forderung von WLV und Deutschem Bauernverband (DBV), zügig Verursachergerechtigkeit im Düngerecht herzustellen. Betriebe in belasteten Gebieten, die nachweislich gewässerschonend wirtschaften, müssten künftig von verschärften Maßnahmen ausgenommen werden.
Revision ist zurückgewiesen
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes herbeigeführt hatten die Deutsche Umwelthilfe und der BUND Niedersachsen mit einer Klage gegen Niedersachsen und NRW. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte der Klage bereits Ende 2023 stattgegeben. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht die Revision der beklagten Bundesländer zurückgewiesen.