Die Umsetzung der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) wird ohne inhaltliche Änderungen um ein Jahr verschoben. Damit haben die von der EUDR betroffenen Unternehmen noch mindestens bis zum Jahresende 2025 Zeit, sich auf entsprechende Vorgaben vorzubereiten.
Das Votum im Straßburger Plenum des Europaparlaments fiel am Dienstag vergleichsweise deutlich aus. Für die zwölfmonatige Verschiebung votierten 546 Parlamentarier. Bei sieben Enthaltungen stimmten 97 Europaabgeordnete gegen den Änderungsvorschlag zur EUDR. Die Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten soll kurzfristig folgen.
EUDR gilt ab 2026
Das Gesetz gilt ab dem 30. Dezember 2025 für Großunternehmen und am 30. Juni 2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen. Laut EU-Kommission gibt dies Drittländern, Mitgliedstaaten, Wirtschaftsbeteiligten und Händlern ein zusätzliches Jahr Zeit, um sich auf die Umsetzung der Verordnung vorzubereiten.
Eine Sprecherin der EU-Kommission bekräftigte auf Anfrage des Nachrichtendienstes Agra Europe erneut, dass das Benchmarking-System zur Bewertung des Entwaldungsrisikos „in den kommenden Monaten“, spätestens aber bis zum 30. Juni kommenden Jahres, vorliegen soll.
Inhaltliche Änderungen vom Tisch
Das Europäische Parlament hatte nach der von der Kommission im Oktober vorgeschlagenen einjährigen Verschiebung noch auf inhaltliche Änderungen gedrängt. So wollte eine knappe Mehrheit der Parlamentarier unter anderem die Einführung einer „Null-Risiko-Kategorie“ durchsetzen; allerdings erfolglos. Der Widerstand von Rat und EU-Kommission war zu groß.
EUDR als Bürokratiemonster?
Die EUDR hat bisher viel Kritik auf sich gezogen: Beklagt wird nicht nur ein neues Bürokratiemonster, das beispielsweise Importfuttermittel deutlich verteuere. Vor allem Land- und Forstwirte beklagen potentiell immense Nachweispflichten, obwohl der Wald in Deutschland seit Jahren wächst und keine Tiere auf kürzlichen abgeholzten Flächen grasen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte nachdrücklich eine Verschiebung der zudem als unausgereift geltenden Richtlinie um sechs Monate gefordert.
Ringen um die Deutungshoheit
Derweil ringen die Europaabgeordneten um die Deutungshoheit. Während für die Berichterstatterin des Europaparlaments, die EVP-Abgeordnete Christine Schneider, klar zu sein scheint, dass das Parlament „seine Versprechen gehalten hat“, geht der grüne EU-Agrarpolitiker Martin Häusling mit den Konservativen scharf ins Gericht. Laut Schneider sind die Gesetzgeber den Forderungen mehrerer Branchen, nach weniger bürokratischen Belastungen nachgekommen. Unternehmen, Forstwirte, Landwirte und Behörden hätten nun ein weiteres Jahr Zeit, sich vorzubereiten, so die EVP-Politikerin.
Nach Auffassung Häuslings ist die EVP dagegen mit ihrem Versuch gescheitert, gemeinsam mit Stimmen der Rechten Änderungen am fertig verhandelten Text vorzunehmen und das Gesetz auszuhöhlen. Auch habe man der Industrie vor den Kopf gestoßen. Statt wichtiger Planungssicherheit habe die EVP große Verwirrung bei allen Herstellern, Händlern und Verkäufern gestiftet.