Landwirte und Fleischproduzenten in den gesamten USA müssen damit rechnen, dass die neuen Zölle auf Einfuhren aus Mexiko, Kanada und China sowie die Vergeltungsmaßnahmen dieser Länder ihre Gewinne um Milliarden Dollar schmälern werden, wenn sie länger in Kraft bleiben. Und die Verbraucher könnten schnell mit höheren Preisen für Obst und Gemüse und Hackfleisch konfrontiert werden, schreibt die Nachrichtenagentur AP.
Der große Knall kommt später
Einige der Auswirkungen auf die Landwirte könnten jedoch erst bei der nächsten Ernte spürbar sein. Zu Beginn könnten Produkte für die Verbraucher sogar kurzfristig billiger werden, wenn die Exporte leiden, heißt es. Der Preis für Mais, Weizen und Sojabohnen macht jedenfalls einen relativ geringen Anteil am Preis der meisten Produkte aus. Außerdem könnte Präsident Donald Trump den Landwirten erhebliche Hilfszahlungen anbieten. Das hatte er schon beim Handelskrieg mit China bei seiner ersten Amtszeit so getan, um einen Teil der Verluste auszugleichen.
Für den Republikaner steht auf jeden Fall fest, dass Agrarimporte den amerikanischen Landwirten schaden. So sagte er es zumindest am Dienstagabend in seiner Rede vor dem Kongress. Die Farmer bat er, Geduld zu haben, er werde sie schützen. Noch erwähnt Trump aber keine zusätzlichen Hilfszahlungen.
Trump riskiert Rezession
Ökonomen halten Trumps Spiel mit einem Handelskrieg für gefährlich. Denn wenn die Zölle die Landwirte davon abhalten, in teure Traktoren zu investieren, und die Verbraucher sich Sorgen um Lebensmittel machen und andere Ausgaben einschränken, würde das der Gesamtwirtschaft schaden. Am Ende könnte eine Rezession stehen.
Einen Vorgeschmack geben bereits die Rekordpreise für Eier durch die Vogelgrippeausbrüche. „Wie stark unsere Wirtschaft im Laufe der Zeit ist, hängt stark davon ab, wie bereitwillig die US-Verbraucher sind, weiterhin in Restaurants zu gehen, Haushaltsgeräte zu kaufen und zu investieren“, sagt Glynn Tonsor, Agrarökonom an der Kansas State University. Er befürchtet spürbare Konsumzurückhaltung als Folge.
Landwirte hamstern
Die aktuellen Nachrichten sollen schon dazu führen, dass einige Landwirte ihre Lager füllen, Betriebsstoffe, Vorräte und Material einkaufen, um sich auf steigende Preise vorzubereiten. Beim Dünger beispielsweise ist das aber im Voraus gar nicht so einfach möglich, heißt es. Auch die Verbraucher könnten Schwierigkeiten haben, verderbliche Produkte wie Avocados und Hackfleisch zu horten.
Preisverfall bei Agrarerzeugnissen
Die Preise für Mais und Sojabohnen für die diesjährige Ernte sind seit der ersten Ankündigung der Zölle vor einigen Wochen bereits um rund 10 % gefallen.
Joe Janzen, Agrarökonom an der University of Illinois, sagte AP, dies habe jegliche Rentabilität dieser Nutzpflanzen „ausgelöscht“. Trumps Äußerungen, dass Landwirte möglicherweise mehr ihrer Produkte im Inland verkaufen könnten, nannte er „bestenfalls unsensibel“.
„Es gibt keinen Binnenmarkt für die Menge an Mais, Sojabohnen, Weizen und anderen landwirtschaftlichen Produkten, die wir jetzt in erheblichen Mengen exportieren“, sagte er.
Kanada hat das Kali
Währenddessen könnten die Düngemittelkosten der Landwirte mit sinkenden Erntepreisen steigen, da 85 % des Kalis, das amerikanische Landwirte für Düngemittel verwenden, aus Kanada stammen, das auch einen Teil des Stickstoffdüngers liefert.
Der Präsident und CEO des Fertilizer Institute, Corey Rosenbusch, sagte, „ein offenes, faires, vorhersehbares und transparentes Handelsumfeld zwischen den USA und Kanada ist von entscheidender Bedeutung.“
„Wir brauchen Kali, um gesündere Pflanzen anzubauen“, sagte der Farmer Danny Lundell aus Minnesota, der am Dienstag Gouverneur Tim Walz auf seiner Mais- und Sojafarm in der Nähe von Cannon Falls empfing. „Und es ist egal, ob man groß, mittelgroß oder klein ist, es wird alle betreffen.“
Und was ist mit den Fleischpreisen?
Die Vereinigten Staaten importieren viel mageres Rindfleisch, um es mit fetterem Rindfleisch aus amerikanischen Fabriken zu mischen und daraus Hamburger herzustellen. Dieses importierte Rindfleisch wird teurer, weil fast die Hälfte davon aus Kanada und Mexiko kommt. Das wird wahrscheinlich in sechs bis acht Wochen in den Lebensmittelgeschäften auftauchen.
Auf der anderen Seite exportiert Amerika Hühnerfleisch im Wert von über 1,8 Mrd. Dollar und rotes Fleisch im Wert von weiteren 8,4 Mrd. Dollar nach Mexiko, Kanada und China. Die Zölle könnten leicht zu einem Rückgang der Exporte um 10 % führen, mahnt der Ökonom Glynn Tonsor.
Wenn Landwirte aufgrund von Zöllen nicht so viel Fleisch ins Ausland liefern können, können sie versuchen, mehr davon im Inland zu verkaufen – aber sie werden wahrscheinlich die Preise senken müssen. Das ist schlecht für die Landwirte, aber möglicherweise gut für die Verbraucher.
Die Auswirkungen werden je nach Produkt unterschiedlich sein. So könnte die Nachfrage nach Steaks und Speck relativ stabil bleiben, da nur wenig davon exportiert wird, aber der Preis für Schinken könnte in den USA sinken, da Mexiko ein großer Abnehmer davon ist. Der Preis für Spezialstücke wie Rinderzunge, die fast vollständig exportiert werden, wird drastisch sinken.
Viehzüchter werden etwas Erleichterung verspüren, da die Kosten für das von ihnen verwendete Futter sinken werden. Tonsor glaubt, dass sie insgesamt dennoch Geld verlieren werden.
„Die Landwirte sind sehr besorgt“, stellt auch Steve Kuiper, Direktor der Iowa Corn Growers Association fest. „Die Leute kaufen einfach nichts“, sagt er und verweist auf große Unternehmen wie John Deere und lokale Lieferanten, die ihre Ausrüstung verkaufen.
Hoffen auf Trumps Milliardenhilfen
Am Ende bleibt den Farmern die Hoffnung, dass Trump mit Hilfszahlungen einspringt. 2019 hatte er ihnen mehr als 22 Mrd. Dollar an Hilfszahlungen gewährt und 2020 fast 46 Mrd. Dollar. Dagegen spricht, dass der Präsident gerade dabei ist, die Ausgaben der gesamten Bundesregierung drastisch zu kürzen.
Einige Handelsexperten bezweifeln allerdings, das Trumps Zölle überhaupt lange Bestand haben werden, da sie die Preise für amerikanische Verbraucher in die Höhe treiben, darunter auch seine Stammwähler, die sich schon lange über Inflation und steigende Lebensmittelpreise beschweren.
„Sie werden nichts gegen die Lebensmittelinflation in den USA tun“, sagte Timothy Wise, Autor von „Eating Tomorrow“ und Experte für den Agrarhandel zwischen Mexiko und den USA. „Ich halte sie nicht für nachhaltig. Ich halte es nicht für plausibel, dass die Firmenleute um Trump herum tatenlos zusehen werden, wie er ihre ausländischen Märkte zerstört.“