Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bundestagswahl 2025 US-Zölle auf Agrarprodukte Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Innovationspreis 2024

Die Laser-Pioniere - Vereinzelung von Pflanzen vollautomatisch

Friederike und Stephan von Rundstedt setzen auf KI-gesteuerte Einzelfertigung von Pflanzen. Damit unterstützt der Robo®Cut die lokale Pflanzenproduktion und beschleunigt die Züchtung neuer Sorten.

Lesezeit: 6 Minuten

Auf dem Hof von Familie von Rundstedt ist einiges los. Direkt hinter dem Ortschild von Bremen Lilienthal reihen sich Gewächshauskomplexe neben Lagerhallen, einem Wohnhaus und Büroräumen auf. Hofhund Nele tapst zwischen Schreibtischen und Schubkarren umher. Es liegt Innovation und Tatkraft in der Luft.

Familie von Rundstedt richtet den Blick in die Gegenwart und in Richtung Zukunft. Mit eigener Fachkompetenz in den Bereichen Landwirtschaft und Gartenbau gründeten Friederike und Stephan von Rundstedt Anfang der 90er Jahre die Firma RoboTec PTC.

PTC steht für „plant culture tissue“ – und der Name ist Programm. Um die lokale Pflanzenproduktion zu stärken und den Züchtungsprozess zu beschleunigen, arbeitet das Duo zusammen mit Fachleuchten im Bereich Ingenieurswesen, Softwareentwicklung und Naturwissenschaften am sog. Robo®Cut-System.

Schnell gelesen

Im Rahmen des Innovationspreises vom Forum Moderne Landwirtschaft und top agrar erhielt Familie von Rundstedt eine der zwei Finalisten-Auszeichnungen in der Hauptkategorie.

Geschäftsidee: Optimierte Pflanzenvermehrung

Das Unternehmen RoboTec PTC zahlreiche Arbeitsbereiche. Der modern gestaltete Büro-Komplex mit Glaswänden, hellen Farben, Gruppen- und Einzelbüros und ein kleiner Konferenzraum stehen im Kontrast zu dem urig-idyllischen Bild eines Gartenbaubetriebs am Feldrand. Aber wie kam es überhaupt zu einer Geschäftsidee wie dieser?

Es gebe Optimierungsbedarf bei der Vermehrung von Pflanzen, vor allem im Bereich Sonderkulturen, erklärt Friederike von Rundstedt, Diplom-Agraringenieurin und Gartenbauliebhaberin. Vor allem in der vegetativen Vermehrung von Pflanzen. Im Zuge des Klimawandels müsse sich die Branche weiterentwickeln, schneller, präziser und sauberer arbeiten, um schneller Pflanzen zu erzeugen, die den Folgen des Klimawandels angepasst sind.

Schnell gelesen

Die vegetative Vermehrung spielt eine zentrale Rolle in der Anzucht, Züchtung und Vermarktung von Gemüse, Bäumen, Blumen und Kräutern. Durch Stecklinge, Ableger, Ausläufer oder Gewebekultur können Pflanzen genetisch identisch vermehrt werden, was eine gleichbleibende Qualität und gewünschte Eigenschaften sichert.

Besonders in der gärtnerischen und landwirtschaftlichen Produktion ermöglicht sie die Erhaltung wertvoller Sorten, die schnelle Vermehrung von marktfähigen Pflanzen sowie die Anpassung an spezielle Standortbedingungen. Zudem trägt sie zur Effizienzsteigerung und Ertragssicherung bei, da robuste und ertragreiche Pflanzen gezielt selektiert und vermehrt werden können.

Doch das Abtrennen von Sprossachsen mit gutem Wachstumspotenzial birgt Risiken, erklärt Friederike von Rundstedt weiter. Durch die offenen Wunden können Bakterien, Pilze oder Viren in das Pflanzengewebe eindringen und den Ableger schwächen, deformieren oder absterben lassen können.

Um nachhaltige Schäden an den Pflanzen vorzubeugen, bedarf es eines speziellen Scheide-Tools für die Trennung der Pflanzenteile. Während ein Skalpell das Gewebe auf mikro- und makroskopischer Ebene zerreißt und den Ableger schlechter anwurzeln lässt, verbrennen einige physikalische Tools, wie viele Laser, das Pflanzengewebe und verhindern die Bildung neuer Zellen, erklärte Friederike von Rundstedt

Ein weiteres Problem: In der Regel übernehmen Menschen  die vegetative Vermehrung der Pflanzen. Denn sie treffen individuelle Entscheidungen für den besten Schnitt. Dabei können sie das Gewebe oder Nährmedium jedoch kontaminieren und für eine schwer kalkulierbare Zeit effizient arbeiten.

Hier greift die Geschäftsidee von Familie von Rundstedt: Ein vollautomatisches System, das unter möglichst keimfreien Bedingungen Pflanzen aus einem Medium greift, den Ableger erkennt, die besten Schnittstellen erfasst, präpariert und anschließend die Pflanzenteile in ein passendes Medium überführt.

Steril und automatisch

Vom Büro-Komplex geht es in den Gewächshaus-Trakt. Dort integriert finden sich Laborbereiche des Unternehmens mit sterilen Werkbänken und Technikausstattung - hier wird direkt am Robo®Cut-System gearbeitet.

„Die Pflanzen sollen möglichst keimfrei und automatisch vereinzelt werden“, beschreibt Stephan von Rundstedt beim ersten Blick auf ein rechteckiges Glas-Metall-Gestell. Zwischen Förderbändern, Kabeln und Kameras hantieren zwei Roboter-Arme im schnellen Takt und setzen die Pflanzen vom Nährmedium in eine Laserbox.

Pflanzenschnitt mit CO2-Laser

Ein CO2-Laser als Scheide-Tool habe sich gut bewährt, denn die richtige Einstellung von Dicke, Wellenlänge und Temperatur habe gleich zwei Vorteile. Mit einer Intensität von 200 V werden einerseits möglichst wenige umliegende Zellen beim Schnitt beschädigt, andererseits sorge die hohe Temperatur für ein schnelles Verdampfen von Pflanzensaft, was hohe Hygienestandards innerhalb der Kulturen gewährleistet.

Die beste Schnittstelle finden

In die Box der beiden Laser schauen jeweils drei Kameras in leichter Kurvenform. Zwei Kameras erinnern durch ihren Winkel an die Stellung menschlicher Augen im Schädel. Das ist wichtig, erklärt Friederike von Rundstedt, denn nur so lasse sich ein 3D-Modell der Pflanzen erfassen.

Das System arbeitet an dieser Stelle mit einer KI. Um die Pflanzen zuvor aus dem Nährmedium zu heben, greift das Robo®Cut-System auf definierte 3D-Bilderkennungs-Algorithmen zurück.

Die Arbeit der Laser wird von je drei Kameras aufgezeichnet. Das sei wichtig, erklärt Friederike von Rundstedt, denn nur so lasse sich ein 3D-Modell der Pflanzen erfassen. Das System arbeitet an dieser Stelle mit einer Künstlichen Intelligenz (KI). Um die Pflanzen zuvor aus dem Nährmedium zu heben, greift das Robo®Cut-System auf definierte 3D-Bilderkennungs-Algorithmen zurück, die über Jahre in Zusammenarbeit mit Informatik-Experten entstanden sind.

Für eine optimierte Wuchswahrscheinlichkeit ermittelt die KI vor dem Lasereinsatz die besten Schnittstellen an der Pflanze. Erst dann setzt der Laser zum Schnitt an. Geschnitten wird von der untersten Achse nach oben, immer in Beobachtung einer der drei Kameras.

Ein besonderer Entwicklungsschritt: in früheren Versionen blieb die Pflanze innerhalb der Kamera starr, während sich der Laser entlang der Schnittstelle bewegt. Das habe zu vergleichsweise unpräzisen Ergebnissen geführt, erklärt Friederike von Rundstedt. Denn durch die Bewegung käme es zu einer leichten Verkrümmung des Strahls. Nun ist es umgekehrt. Der Laserstrahl ist starr, und der Roboter-Arm bewegt die Pflanze zielgenau am Laser entlang der geplanten Schnittstelle.

Cut and Go

Das Robo®Cut-System arbeitet auf zack. Innerhalb weniger Sekunden gelangen die Pflanzen aus dem Medium in den Laser, in dem ebenso schnell die Entscheidungen für den Schnitt fallen und ausgeführt werden.

Die geschnittenen Pflanzenteile fallen auf ein Förderband und gelangen wieder zum Roboterarm, der sie präzise in ein neues Nährmedium überführt. Stephan von Rundstedt erklärt, das System vereinzele je nach Pflanzenart etwas mehr als 1.000 Pflanzen in der Stunde. Deutlich mehr als ein Mensch.

Nach vorne blicken

Bessere Pflanzen lokal und CO2-sparend produzieren. Welche Pflanzen das System bereits bearbeiten kann, zeigt sich im dritten Betriebsteil: der Klimakammer.

Kleine Plastik-Schalen stapeln sich über viele Etagen, manchmal bis unter die Decke. Man entdeckt Kräuter, Blumen, einige Gehölze, Beerenfrüchte, Kiwis, Zuckerrüben, Kartoffeln und sogar Cannabis. Das Spektrum ist bereits groß, Friederike und Stephan von Rundstedt prognostizieren einen weiteren Anstieg der Anwendungsmöglichkeiten.

Die ersten Robo®Cut-Systeme werden derzeit passgenau auf die Kunden genormt. Die Betreuung nach dem Kauf übernimmt das Unternehmen selbst und arbeitet für die Konstruktion und Montage mit der Fokl-Group und der Hoyer-Group zusammen. Das Robo®Cut-System ist in einfacher und voll ausgestatteter Form erhältlich – Kostenpunkt 500.000 bis 750.000 €

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.