Dr. Hans-Jürgen Seufferlein ist Geschäftsführer beim Verband der Milcherzeuger Bayern (VMB). Der VMB kümmert sich um organisatorische und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten rund um die bayerischen Milcherzeuger. Darüber hinaus analysiert der Verband auch regelmäßig den Milchmarkt.
Herr Dr. Seufferlein, das Jahr 2024 war geprägt von stabilen bis steigenden Milchpreisen. Hält dieser Trend 2025 an?
Seufferlein: Aktuell spricht wenig dagegen. Bei den Landwirten kommen die Entwicklungen vom Milchmarkt mit knappem Angebot und guter Nachfrage wie üblich erst zeitverzögert an. Und die letzten Monate waren gekennzeichnet von einer knappen Milchmenge und knappen Fettgehalten. Butter bleibt die Triebfeder der Dynamik, die jetzt auch die Käsepreise und dann die Vollmilchpulvererlöse steigen lässt. Momentan deuten eigentlich alle Milchpreis-Indikatoren auf eine positive Entwicklung hin. So haben einige Milcherzeugergemeinschaften für die nächsten Monate bereits Preise von deutlich mehr als 50 Cent/kg Milch (netto) festgelegt.
Erstaunlich ist, dass trotz anhaltend guter Milchpreise die Milchanlieferungsmenge nicht steigt. Das ist neu und macht perspektivisch auch Sorge.
Warum steigt die Milchmenge nicht?
Seufferlein: Das hat verschiedene Gründe. In diesem Jahr tragen auch die Auswirkungen der Blauzungenkrankheit dazu bei. Grundsätzlich kann man sagen, dass immer mehr Betriebe in höhere Haltungsformstufen wechseln, wo Tierwohl-Auflagen das Aufstocken der Kuhzahl begrenzen. Darüber hinaus stellen wir fest, dass auch gut aufgestellte, größere Betriebe die Milchproduktion einstellen. Gründe sind oft die fehlende Planungssicherheit, Sorge vor weiter steigenden Auflagen sowie Flächenknappheit und Mitarbeitermangel. Die Zeiten von „der Stall wird gespiegelt“ sind vorbei und damit auch die Zeiten einer immer weiter steigender Milchmengen.
Wie verändert sich die Nachfrage?
Seufferlein: Aktuell ist die Verbrauchernachfrage sehr gut – trotz hoher Preise. Selbst bei Butter, deren Ladenpreise mit rund 2,40 € auf historischem Höchststand liegen, sehen wir keinen sonst üblichen Kaufrückgang oder Wechsel zu pflanzlichen Alternativen. Vermutlich, weil alle Lebensmittel im Preis gestiegen sind. Wenn Konsumenten am Winterurlaub sparen, könnte auch der typische Nachfrageeinbruch nach den Feiertagen ausbleiben und so den Markt weiter stützen.
Welche Einflussfaktoren auf den Milchpreis 2025 sehen Sie noch?
Seufferlein: Nun, es bleibt abzuwarten, wie sich das Blauzungenvirus im nächsten Jahr ausbreitet und auf die Milchmenge auswirkt.
Hinzu kommt die politische Instabilität. Unsicherheiten wirken sich immer auf die Märkte aus. Mit den Neuwahlen in Deutschland ist beispielsweise offen, welche Gesetze noch umgesetzt werden und welche künftig folgen. Auch die Folgen durch den Regierungswechsel in den USA oder ein möglicher Handelsstreit mit China könnten sich auf den Milchmarkt auswirken. Nicht zuletzt beeinflussen steigende Lebensmittelpreise und wirtschaftliche Unsicherheiten die Kaufbereitschaft im Supermarkt - und damit die Nachfrage und die Milchpreise.