Vor rund viereinhalb Jahren ist die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Deutschland ausgebrochen. Während man sich seit dem schon fast an die unregelmäßigen Meldungen über positive Wildschweine gewöhnt hat, ist die Angst vor einem neuen Ausbruch in einem Schweinebetrieb weiterhin sehr präsent in den Köpfen der Landwirte. Das war auch heute auf der Mitgliederversammlung der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) in Osnabrück zu spüren.
Tierseuchen: Existenzielle Risiken für Betriebe
Dass die Sorgen der Schweinehalter absolut berechtigt sind, stellte ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack heraus. „Schon Einzelfälle führen bei Schweinehaltern im Umfeld zu nachweisbaren existenziellen Schäden von teilweise mehreren hunderttausend Euro je Betrieb“, verwies er auf die stark eingeschränkten Vermarktungsmöglichkeiten im Seuchenfall.
Die Schäden durch MKS-bedingte Notierungsrückgänge belaufen sich allein für die ersten drei Monate auf rund 100 Mio. Euro!
Als wenn die Situation nicht schon angespannt gewesen wäre, kam es zu Beginn diesen Jahres noch zu einem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) in einer Wasserbüffelherde in Brandenburg. Auch wenn es sich bislang glücklicherweise um einen Einzelfall handelt, schlug das direkt auf den Schweinemarkt durch. „Die Schäden durch MKS-bedingte Notierungsrückgänge belaufen sich allein für die ersten drei Monate auf rund 100 Mio. Euro!“, so Dr. Staack weiter.
Weckruf für die Politik
Die Schweinehalter fordern nun eine Überarbeitung der Vorgaben zur Seuchenbekämpfung. Hier geht es insbesondere um die finanziellen Auswirkungen für die Einzelbetriebe im Seuchenfall. „Egal wer in Berlin zukünftig regiert, die Bundesregierung muss unmittelbar aktiv werden“, so die klare Forderung vom ISN-Vorsitzenden Heinrich Dierkes.
Der Umgang mit dem MKS-Fall zeigt, dass die Behörden schnell und zügig handeln können. Es ist jedoch zu befürchten, dass der Wahlkampf und die Regierungsbildung Änderungen der Vorgaben im Tierseuchenfall ausbremsen werden. Dierkes nimmt deshalb auch die EU in die Pflicht, die mitverantwortlich für die Vorgaben ist.
Vermarktung bei ASP-Fällen
Besonders der bisherige Umgang mit Schweinefleisch aus den ASP-Restriktionszonen wird scharf kritisiert. Der Vorsitzende fordert: „Alle Akteure in der gesamten Wertschöpfungskette Schwein, speziell der Lebensmitteleinzelhandel sowie der Gastro- und Außer-Haus-Bereich, müssen ihrer Verantwortung gerecht werden. Sie müssen das tadellose und vollkommen unbedenkliche Fleisch der Tiere aus Restriktionsgebieten vorbehaltlos abnehmen.“
Das wäre ein ganz wichtiger Schritt, da die Schweinehalter nur begrenzte Möglichkeiten besitzen sich einzelbetrieblich für Vermarktungsausfälle abzusichern. Zudem laufen aktuell Gespräche zwischen der roten und grünen Seite über Änderungen der Einkaufsbedingungen und Haftungsfragen.
Plädoyer in turbulenten Zeiten
Die Landwirte beschäftigt jedoch nicht nur die Tierseuchen und der Schweinestau nach dem Jahreswechsel. Weitere Aspekte wie beispielsweise ein möglicher Wechsel der Haltungsform sowie die Umsetzung der TA Luft bereiten Sorgen.
Wir brauchen Augenmaß, Fachlichkeit und deutlich weniger Ideologie.
Die zwischenzeitliche Hoffnung, die höheren Erlöse der letzten zwei Jahre zur Weiterentwicklung der Betriebe zu nutzen, wurde somit erneut getrübt. Der Vorsitzende Heinrich Dierkes appelliert: „Die Kultur der Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft muss sich wieder ändern! Nur mit einem „echten“ Dialog mit der betroffenen Wirtschaft können Lösungen entwickelt werde, die in der Praxis auch realisierbar sind. Wir brauchen Augenmaß, Fachlichkeit und deutlich weniger Ideologie.“