Kurz vor Weihnachten haben die Schlachtkonzerne Tönnies und Westfleisch die Preise für Schlachtsauen drastisch um 15 Cent auf 0,85 € je kg Schlachtgewicht (SG) gesenkt. Der Preis gilt bzw. galt für die Zeit vom 12.12. bis 18.12. Im Vergleich zu den Schlachtschweinen, die derzeit bei 1,92 € pro kg SG liegen, ist das ein sehr hohes Preisgefälle und sorgt im Handel und bei Schweinehaltern für Irritationen.
Für die Schlachtunternehmen ist das hingegen ein ganz normaler Marktvorgang. „Sauenfleisch wird als zerlegte Ware vor allem von der weiterverarbeitenden Industrie abgenommen und ist aufgrund der Feiertagspause kaum nachgefragt“, erklärt Deike Harms, Direktorin Landwirtschaft bei Westfleisch. Sie erwartet, dass die Nachfrageschwäche bis zu den ersten beiden Wochen des neuen Jahres anhält. „Wir wollen keine kosten- und energieintensiven Lagerbestände aufbauen und steuern die Anlieferung über den Preis“, erklärt sie.
Billiges Fleisch von überschweren Tieren?
Einige Händler sehen das anders und vermuten auch Kalkül hinter der Preispolitik von Westfleisch und Tönnies. Denn der Sauenpreis gilt auch für überschwere Mastschweine ab 120 kg Schlachtgewicht. Nicht wenige in der Branche rechnen mit einem Schweinestau durch die Feiertage. Wegen der vielen Feiertage unter der Woche gehen einige Marktteilnehmer sogar davon aus, dass in der KW 53 und KW 1 nur rund die Hälfte der üblichen Schlachtungen möglich sind.
Wenn das so kommt, dürften in Deutschland Anfang Januar etliche übergewichtige Schlachtschweine, die Gewichtsgrenze von 120 kg überschreiten. Statt rund 1,40 € nach Gewichtsabzügen würden diese Mastschweine dann nur noch mit 85 Cent als „Sauen“ abgerechnet. Das wäre ein großer Schaden für Mäster und wohl ein Vorteil für die rote Seite. „Ich glaube nicht, dass das alles als Verarbeitungsfleisch verwendet wird“, erklärt ein Händler.
Stau wird nicht so schlimm!?
Dem widerspricht man auch bei Westfleisch nicht. „Sauenfleisch und Schweinefleisch haben grundsätzlich unterschiedliche Zielmärkte und Produkteigenschaften“, erklärt Harms. Sie beruhigt die Lieferanten aber und versichert, dass man die Schlachtgewichtsschwelle von 120 kg aufmerksam im Blick habe. „Durch eine vorausschauende Disposition und einen engen Austausch mit den Einsendern versuchen wir möglichst wenig Tiere aus der Maske laufen zu lassen.“ Zudem werde man deutlich mehr als die kolportierten 50 % Schlachtkapazität erreichen.
Ähnlich äußert man sich bei Tönnies. „Wir versuchen, den möglichen Stau so gering wie möglich zu halten. Standortindividuell wird daher auch schon am 2. Feiertag wieder geschlachtet. Unsere Schlachtkapazitäten liegen über die Feiertage bei rund 70 Prozent“, erklärt Einkaufsleiter Dr. Robert Elmerhaus. Dennoch erwartet er laut Agrarblog „zu Jahresbeginn deutliche Überhänge“.