Unser Autor:
Tammo Peters, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Die Temperaturen in den Herbstmonaten der letzten Jahre liegen weit über dem langjährigen Durchschnitt und führen zu einer Ausweitung der Vegetationsperiode in den Winter hinein.
Viele Grünlandbetriebe stellen sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob sie die Bewirtschaftung von intensivem Wirtschaftsgrünland den Veränderungen anpassen sollten? Außerdem stellt sich die Frage, wie die zunehmend milderen Temperaturen im Herbst hinsichtlich Güllegaben im Grünland zu bewerten sind?
Nicht zu üppig in den Winter gehen lassen
Fest steht, üppige Bestände, die die Ziel-Bestandshöhe von rund 10 cm vor Winter überschreiten, sind aufgrund der milden Herbsttemperaturen keine Seltenheit. Zu hohe Aufwüchse sollten Landwirte allerdings möglichst vermeiden.
Denn „alte“ Blätter mit einer langen Verweildauer über den Winter sind im Frühjahr weniger photosynthetisch aktiv als junge, frisch nachgewachsene Blätter. Förderlich für junge Blätter mit hoher photosynthetischer Leistung sind kurze Bestände zu Vegetationsbeginn, die das Eindringen von Licht in tiefere Vegetationsschichten ermöglichen und so die Trieb- und die Blattneubildung begünstigen.
Ernten, mulchen oder beweiden?
Was also tun mit üppigen Grasbeständen vor Winter? Ein Silageschnitt ist nur zu empfehlen, wenn gewährleistet ist, dass das Erntegut noch gut anwelken kann. Berücksichtigen Sie außerdem die Befahrbarkeit der Flächen. Würden schwere Maschinen die Narbe nachhaltig schädigen, ist von einer Ernte abzuraten. Außerdem rechtfertigt die relativ geringe Qualität von späten Herbstaufwüchsen oft nicht den kostenintensiven maschinellen Aufwand der Silageproduktion. Denkbar ist den Grünlandbestand zu mähen (Schnitthöhe 8 bis 10 cm) und das frische Erntegut direkt zu verfüttern.
Auch das Mulchen ist möglich, sofern die Mulchschicht nicht zu dick ist. Denn diese kann anderenfalls den Pilzbefall des darunterliegenden Pflanzenbestands fördern.
Am ratsamsten ist die kostengünstigste Variante der Beweidung : Jeder Tag auf der Weide reduziert die Futterkosten und wirkt sich bei richtigem Management positiv auf die Grasnarbe aus. Bei hochleistenden Milchviehherden kommt eine Beweidung mit Tieren im späten Laktationsstadium am ehesten in Frage, da diese einen geringeren Anspruch an die Futterqualität haben. Kühe mit einem niedrigeren Leistungsniveau können länger weiden, sofern die Trittbelastbarkeit der Flächen es zulässt. Vorzugsweise eignen sich Jungtiere oder Schafe zum Beweiden, da sie leichter sind und weniger Trittschäden verursachen.
Grasnarbe striegeln und nachsäen
Eine kurze Grasnarbe bietet zusätzlich den Vorteil einer besseren Jugendentwicklung von Gräsern und Leguminosen wie Klee, die sich aus einer Pflege-Nachsaat im Herbst entwickeln. Besonders bei stark verfilzten Narben kann das Striegeln in Kombination mit einer Nachsaat sinnvoll sein.
In diesem Fall sollten Landwirte den Striegel scharf einstellen oder zweimal in diagonaler Richtung arbeiten, um oberflächlich wurzelnde Ungräser (z. B. Gemeine Rispe) und unerwünschte Kräuter herauszukämmen und Platz für die Nachsaat zu schaffen. Das anschließende Bild mit hohen Anteilen an offenem Boden sollte keine Angst machen. Intensiv genutztes Grünland weist eine hohe Bestockungsfähigkeit auf und kann sich, besonders in Kombination mit einer Grasnachsaat im Herbst, schnell erholen.
Eine Weißkleenachsaat spielt im Dauergrünland eine immer größere Rolle. Aufgrund der Symbiose mit stickstoffbindenden Bodenbakterien und hoher Rohproteingehalte kann Weißklee im Dauergrünland hohe Rohproteinerträge sicherstellen.
Im Gemenge mit hochwertigen Futtergräsern können Futterleguminosen wie Rotklee und Weißklee Stickstoff in einer Größenordnung zwischen 300 bis über 400 kg/ha und Jahr fixieren – ein wichtiger Beitrag zur Kosteneinsparung bei Eiweißkonzentraten oder mineralischen Stickstoffdüngern.
Im Dauergrünland behauptet sich der ausdauernde Weißklee gut, er lässt sich auch in bestehende Narben nachsäen. Zum Zeitpunkt der Weißkleenachsaat ist eine geringe Konkurrenzkraft (vorrangig um Licht) der Gräser wichtig. Die Erfolgschancen sind bei einer kurzen Grasnarbe unter intensiver Beweidung oder im Spätsommer bei geringeren Zuwachsraten der Gräser am höchsten. Die Kleenachsaat kann mit mindestens 1 bis 2 kg/ha Klee im Gemenge mit Gräsern erfolgen. Um Klee erfolgreich zu etablieren, ist zudem ein an den Standort angepasster pH-Wert wichtig. Ziehen Sie zur Kontrolle regelmäßig Bodenproben und kalken Sie Ihr Grünland bei Bedarf auf.
Wie sinnvoll ist eine Güllegabe vor dem Winter?
Denkt man über eine späte Gülledüngung nach, ist zu berücksichtigen, dass im Herbst oft noch gute Mineralisations- und Nitrifikationsbedingungen gegeben sind. Das gemäßigte Klima bei uns lässt also eine hohe N-Nachlieferung aus dem Boden erwarten. Das haben auch eigene Untersuchungen in intensiv genutzten Dauergrünlandbeständen verdeutlicht.
In Versuchen zeigte sich, dass die tägliche Stickstoffaufnahme von Weidelgras-dominiertem Dauergrünland allein aus der Bodenmineralisation in den Herbstmonaten (August bis Oktober) 1 bis 2 kg pro ha und Tag betragen kann. Diese Menge deckt den N-Bedarf von Beständen mit hoher Futterqualität größtenteils ab. Vor allem typische, humusreiche Grünlandstandorte mit langjähriger organischer Düngung weisen ein besonders hohes N-Nachlieferungsvermögen auf. Im Zusammenhang mit den tendenziell milderen Temperaturen besteht die Gefahr, dass man mit einer zusätzlichen N-Zufuhr über eine organische Düngung im Herbst die Überwüchsigkeit der Bestände nochmals verstärkt. Es gilt also genau abzuwägen, ob eine Gülledüngung sinnvoll ist oder nicht.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Stickstoffausnutzung aus der Gülle im Herbst geringer ist. Entscheidend ist hier der Termin der Ausbringung, wie langjährige Untersuchungen zeigen. In einem Versuch der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel (siehe Übersicht) haben Wissenschaftler 80 kg N/ha über eine Rindergülle zu verschiedenen Terminen ausgebracht und deren Effekt auf die Nitratauswaschung über die Wintermonate und auf die N-Ertragseffizienz des ersten Schnitts im Folgejahr analysiert.
Die Ergebnisse: Eine Gülledüngung Ende September bis Ende November führte zu einer N-Effizienz im ersten Schnitt von rund 30 %. Die höchste N-Effizienz von nahezu 50 % wurde bei einer Gülledüngung zwischen Ende Januar und Ende März erreicht.
Eine Güllegabe Ende April in den bereits weit entwickelten Pflanzenbestand ist aufgrund der geringen N-Effizienz bei einer Ernte des ersten Schnitts Mitte/Ende Mai nicht sinnvoll. Bei den Ergebnissen handelt es sich um scheinbare Stickstoff-Wiederfindungsraten, die eine N-Mineralisation aus dem Boden oder Interaktionen mit Leguminosen wie Weißklee indirekt mitberücksichtigen.
Vor dem Hintergrund dieser Versuchsergebnisse sollte die letzte Güllegabe entweder so früh erfolgen, dass der folgende Aufwuchs noch geerntet werden kann oder, wenn Sie das nicht garantieren können, in das nächste Frühjahr geschoben werden.
Fazit
Damit ein Grünlandbestand gut durch den Winter kommt, sollte er zum Vegetationsende nicht zu üppig sein. Das können Sie entweder mit einer späten Nutzung oder durch das Mulchen der Fläche erreichen. Darüber hinaus können späte Pflegemaßnahmen wie das Striegeln und eine Nachsaat – unter anderem mit Leguminosen wie Weißklee – helfen, die Bestände vital zu halten.
Eine Gülledüngung ist in der Regel nur bis ca. Ende August noch sinnvoll, um für den darauffolgenden Schnitt vor Winter noch für eine ausreichende N-Aufnahme und Futterqualität zu gewährleisten. So sind auch die Stickstoffauswaschung und gasförmige Verluste gemindert.
Ohne eine anschließende Nutzung würde sich der Bestand zu sehr überwachsen und im Frühjahr schlechter in Gang kommen.