Unser Autor:
Karl-Gerd Harms,
Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Die wenigen fungiziden Standardbeizen lassen kaum noch Auswahl zu und auch der Schutz vor Vogelfraß und gegen Drahtwurmschäden ist im Mais mittlerweile überschaubar. Deutlich länger ist hingegen die Liste der verfügbaren Zusatzbeizen.
Nicht selten besteht diese aus firmeneigenen Lösungen und Bezeichnungen. Sowohl dies, als auch die unterschiedliche Zusammensetzung der Zusatzbeizen machen den Vergleich nahezu unmöglich. Hinzu kommt, dass die Inhaltsstoffe bei gleichem Produktnamen von Jahr zu Jahr variieren können.
Was sind Zusatzbeizen?
Die Zusatzbeizen enthalten meist geringe Mengen von Nährstoffen und/oder Biostimulanzien. Während die Nährstoffe den Düngemitteln zuzurechnen sind, ist der Begriff Biostimulanzien relativ neu. Düngemittelrechtlich taucht er erst seit dem Inkrafttreten der neuen europäischen Düngeprodukte-Verordnung (EU) 2019/1009 am 16. Juli 2022 auf.
Nach dieser Regelung gelten Biostimulanzien als eigenständige Produktfunktionskategorie, die sich mit CE-Kennzeichnung in Verkehr bringen lassen. Dazu muss das Produkt ein Zulassungsverfahren bei einer amtlich notifizierten Konformitätsbewertungsstelle durchlaufen, um seine angegebene Wirkung nachzuweisen.
Welche Wirkmechanismen gibt es?
Die zulässigen Wirkweisen für Biostimulanzien definieren sich nach aktuellem EU-Recht folgendermaßen: „Ein Pflanzen-Biostimulans ist ein EU-Düngeprodukt mit CE-Kennzeichnung, das dazu dient, pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts zu stimulieren, wobei ausschließlich auf die Verbesserung eines oder mehrerer der folgenden Merkmale der Pflanze oder der Rhizosphäre der Pflanze abgezielt wird:
Effizienz der Nährstoffverwertung
Toleranz gegenüber abiotischem Stress
Qualitätsmerkmale oder
Verfügbarkeit von im Boden oder in der Rhizosphäre enthaltenen Nährstoffen.“
Zum Einsatz kommen können dabei ganz verschiedene Substanzen. Zu den gängigsten gehören Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzextrakte, Algenpräparate, Pflanzenextraktstoffe, wie z. B. bestimmte Aminosäuren, anorganische und bioidentische Substanzen, sowie Humin- und Fulvosäuren. Diese Substanzen sollen laut Herstellerangaben vielfältige Vorteile bringen, wie z. B. mehr Biomasse und ein höheres Wurzelwachstum. Bodenstruktur und Bodenleben sollen positiv beeinflusst werden, wodurch Böden mehr Wasser halten können. Einige Hersteller werben mit einer verbesserten Nährstoffverfügbarkeit und mehr Stressresilienz gegenüber Umwelteinflüssen im Allgemeinen.
Neben den Biostimulanzien beizen die Hersteller häufig Haupt- und Spurennährstoffe ans Korn (Nährstoffbeizen). Durch die Platzierung direkt am Korn, soll die Pflanze sie während des Keimvorgangs aufnehmen können. Das soll helfen, temporären Nährstoffmangel zu überbrücken, sodass sie sich auch in den kritischen Phasen, wie z. B. der Keimung oder der Anlage der Ertragskomponenten besser entwickeln kann.
Die Kombination von Biostimulanzien und Nährstoffen am Korn soll die Maispflanzen besonders direkt nach dem Auflaufen effektiver mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen und so die Jugendentwicklung der Pflanze beschleunigen. Ob sich diese Versprechen in der Praxis bestätigen lassen, haben mehrere Einrichtungen der Bundesländer in Versuchen überprüft.
So lief die mehrjährige Versuchsreihe im Körnermais
So haben die Landwirtschaftskammern (LWK) Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) Rheinland-Pfalz in einer abgestimmten dreijährigen Versuchsserie von 2020 bis 2022 verschiedene Nährstoffbeizen mit Biostimulanzien im Körnermais getestet. Insgesamt wurden acht Zusatzbeizen verschiedener Hersteller und Anbieter geprüft.
Die teilnehmenden Vertriebsfirmen haben hierzu je eine Maissorte zur Verfügung gestellt, wobei das Saatgut standardmäßig mit einem fungiziden Beizschutz ausgestattet war. Für die geprüften Varianten wurde jeweils Saatgut aus derselben Saatgutpartie verwendet, in je einer Variante mit und ohne Zusatzbeizung. Die Versuche wurden auf Endabstand und ohne mineralische Unterfußdüngung angelegt.
Da sich die geprüften Produkte nicht an einheitliche Sorten anbeizen ließen, konnte man in dem Versuch immer nur die zwei Varianten mit einer Sorte (behandelt/unbehandelt) vergleichen. Von den acht Prüfprodukten standen fünf jedes Jahr länderübergreifend in jedem Versuch, drei Beizprodukte wurden an einzelnen Standorten oder in einzelnen Jahren geprüft. Bei einzelnen Anbietern kamen in den Versuchsjahren zudem unterschiedliche Sorten zur Aussaat.
Ungünstige Witterungsverhältnisse sorgten dafür, dass nicht alle Versuche auswertbar waren. In der Summe ließen sich zwölf Versuche (2020: fünf Standorte, 2021: fünf Standorte, 2022: zwei Standorte) in der Versuchsserie berücksichtigen, die die Landwirtschaftskammer Niedersachsen abschließend ausgewertet hat.
Kaum Unterschiede im Mais
Sowohl in den Bonituren während der Vegetationsperiode als auch in den statistischen Auswertungen der Erträge ergaben sich kaum Unterschiede zwischen den jeweiligen Vergleichspaaren. Optische Effekte in Form einer besseren Vitalität oder Vorteile in der Jugendentwicklung waren allenfalls bei einzelnen Produkten schwach zu erkennen. In realistischen Bonituren oder Messungen waren sie aber nicht messbar. Die statistische Einzelauswertung der Versuche zeigte nur in Ausnahmen signifikante, aber nicht deutlich erkennbare Vorteile einzelner Produkte – die aber nicht wiederholbar waren.
Auch die dreijährige Auswertung der Versuchsserie ergab keine nachweisbaren (signifikanten) Ertragsunterschiede. Die geprüften Mittel haben weder die Abreife noch den Feldaufgang beeinflusst. In einzelnen niedersächsischen Versuchen wurde im Stadium EC 12 bis EC 14 an jeweils fünf Pflanzen die oberirdische Pflanzenmasse und die Wurzelmasse gemessen. Auch hier waren keine regelmäßigen und reproduzierbaren Unterschiede zu erkennen.
Diese Ergebnisse zeigen, dass zusätzlich applizierte Nährstoffbeizen mit und ohne Biostimulanzien weder negative noch positive Effekte bei Körnermais erzielten. Neben der beschriebenen Versuchsserie wurden schon in den Vorjahren Versuche mit verschiedenen Zusatzbeizen bei der LWK Niedersachsen durchgeführt. Hier waren ebenfalls keine wiederholbaren positiven Resultate zu sehen.
Fazit der Versuche
Ein Grund für die ausbleibenden Effekte der Nährstoffbeizen und Biostimulanzien könnte in der geringen Menge der applizierten Nährstoffe liegen. Denn grundsätzlich sind die Böden in Mitteleuropa meist in relativ gutem Zustand und nicht mit Nährstoffen unterversorgt – zumal zur Aussaat gedüngt wird. Selbst wenn ein Pflanzen-Biostimulans im Zulassungsprozess eine Wirkung erzielen konnte, ist es möglich, dass diese Wirkung aufgrund der guten Ausgangssituation in der Praxis ausbleibt.
Es bleibt festzuhalten: Die Grundlage für einen erfolgreichen Maisanbau sind und bleiben fruchtbare Böden in Kombination mit geprüftem Saat- und Sortenmaterial, einer bedarfsgerechten Düngung und ein integrierter Pflanzenschutz. Die Erwartungen an Zusatzbeizen auf Pflanzen und Boden sollte man deshalb nicht überbewerten. Deutlich wurde in den Versuchen aber auch: Geschadet haben die Nährstoffbeizen und Biostimulanzien nicht.