Fehlende Azubis, unzufriedene Ausbilder, veraltete Lehrpläne – wie steht es wirklich um die Ausbildung in der Landwirtschaft? Das wollte top agrar im Frühjahr 2024 genauer wissen und startete mit dem ZukunftsCheck eine umfangreiche Umfrage. Die Ergebnisse aus den rund 1.300 Antworten hat top agrar in mehreren Beiträgen veröffentlicht.
Die Ergebnisse führten zu lebhaften Diskussionen in der Community. Hier fassen wir die spannendsten Meinungen, Erfahrungen und Kritiken zu unseren Beiträgen zusammen.
Mehr Zeit für Feedback – Azubis fordern klare Kommunikation
Der ZukunftsCheck verdeutlichte, dass viele Betriebe in den Augen der Azubis zu wenig Rückmeldung über die getane Arbeit geben. Ein Azubi schrieb im Fragebogen klipp und klar: „Feedback bekommen wir nur zwischen Tür und Angel.“
Doch gerade konstruktives Feedback sei zentral, um Verantwortung und Motivation zu fördern, wie Leserin Helma Jansen bei Instagram kommentiert: „Dem jungen Nachwuchs Zeit zu geben, die fachlichen Ausbildungsinhalte zu integrieren, ist die Basis für wertvolle Mitarbeiter. Konstruktives, wertschätzendes Feedback fördert frühzeitig Verantwortungsbewusstsein und Verbindlichkeit sowie die Mitarbeitermotivation und die Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln."
Die Ausbilder sehen also das Gewicht des Themas. So schreibt Manuela Franka via Instagram: „Wenn man als Betrieb auf den Azubi dermaßen angewiesen ist, dass er seine 40 Stunden nicht einhalten kann, dann läuft was falsch. Wenn ich einen Lehrling einstelle, muss ich zusätzliche Zeit einplanen, um den Lehrling vernünftig auszubilden."
Weitere Stimmen zu dem Beitrag:
„Der Lehrling ist letztlich keine volle Arbeitskraft sondern bindet eine Arbeitskraft, weil der ja noch lernen muss.“ (Jack Russel, via Instagram)
„Mache gerade meine 2. Ausbildung als Landwirt und bin super zufrieden mit dem Ausbildungsbetrieb. Stunden werden immer dokumentiert und Überstunden abgebaut jetzt nach der Saison. Die Überstunden habe ich freiwillig gemacht unter Absprache mit dem Ausbilder. Augen auf bei der Betriebswahl, sage ich nur.“ (Berendt, via Instagram)
„Lehrlinge in der Landwirtschaft werden oft leider nur als Billiglohn-Kräfte genutzt.“ (Jan Lange, via Instagram)
„Hab täglich 12-13 Stunden gearbeitet. Alles freiwillig. Auch an Sonn- und Feiertagen. Ich finde, wenn das Verhältnis zum Ausbilder passt und man als Azubi merkt, dass die Arbeit geschätzt wird, macht man es gerne.“ (Josef Eichenseher, via Instagram)
Überstunden: Belastung oder Engagement?
Überstunden polarisieren – und sind schlicht ein Teil der landwirtschaftlichen Realität. Im ZukunftsCheck wurde noch einmal deutlich: Während einige Azubis Überstunden als Berufsethos akzeptieren, sehen andere hier klare Probleme.
Dazu schreiben die top agrar-Leser:
„Es kommt auch auf die Art der Überstunden an. Ist der Betrieb unterbesetzt oder falsch strukturiert? Oder sind es Arbeitsspitzen, wie in der Ernte?“ (dorfjunge85, via Instagram)
„Meiner Meinung nach liegt es daran, dass in den ländlichen Betrieben die Kinder noch ganz anders aufgewachsen sind und von klein auf gesehen haben, was es heißt, zu arbeiten. Und diejenigen, die Landwirt lernen machen es nicht, um einen Beruf zu erlernen, sondern um eine Leidenschaft leben zu können.“ (Lucca Dirr, via Facebook)
„Plump gesagt: Wer in der Landwirtschaft arbeitet, um dafür bezahlt zu werden, ist in der falschen Branche. In der Realität ist das Problem allerdings vielschichtiger und alle Einzelfälle sind separat zu betrachtet. Niemand sollte ausgenutzt werden, um die Arbeit möglichst billig fertig zu bekommen. Allerdings finde ich es in der Ausbildung wichtig, mal geerdet zu werden und auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Das Leben ist kein Ponyhof.“ (Julius, via Instagram)
Direkt zu diesem Kommentar schreibt ein Leser: „Mit der Einstellung brauchen wir uns nicht zu wundern, wieso niemand mehr Handwerk lernen will. Wir befinden uns in einer Zeit, in der Azubis sich aussuchen können, wo sie gerne arbeiten möchten.“
Diskutieren Sie mit!
Die Diskussion zeigt: Ausbildung in der Landwirtschaft ist ein Thema, das unsere Community bewegt. Ob Feedbackkultur, Arbeitszeit oder Lehrpläne – jede Meinung zählt! Schreiben Sie gern eine Mail an malin.dietrich@topagrar.com.
Generationenunterschiede bieten Chancen
Zu dem Beitrag „Schubladendenken bringt uns nicht weiter" schreiben die top agrar-Leser:
„Ich habe abgegeben - und? Die Jugend macht es halt anders. Natürlich nicht richtig in meinen Augen. Aber das ist doch auch gut so, sonst gäbe es keine Veränderungen.“ (Ralf Pauelsen, via Facebook)
„Eins ist jedenfalls klar, die junge Generation ist unsere Zukunft. Sie haben zwar allen Grund, etwas passimistisch in die Zukunft zu schauen, ich glaube aber, dass sie die Notwendigkeit sehen und die Kraft haben, positive Veränderungen mitzugestalten und innovative Lösungen zu berücksichtigen.“ (Else Gulla, via Facebook)
„Stimmt, wir können von den Jüngeren auch lernen, aber manche wollen das Rad neu erfinden. Klar, wir mussten auch Lehrgeld bezahlen, aber inzwischen habe ich das Gefühl, dass bei vielen der Gen-Z eher nur noch "groß und viel und gute Technik" zählt. Was dann leider zu oft vergessen wird ist, dass bei "groß" auch alles abgearbeitet werden muss und da sehe ich ein kleines Problem. Nach einer Woche Stress bzw. drei Tage die gleiche Arbeit, wie drillen, grubbern, Kartoffel roden, ist das mit dem "groß" allmählig langweilig und beim Verkaufen oder Verladen sieht es ähnlich aus. Aber vor dem gefüllten Konto steht auch Arbeit und auch Stress. (Bernd Brunhöver per Mail)
„Diese Irrwege haben uns aber dahin gebracht, wo wir heute stehen. Mit all den Vorteilen, die die jüngere Generation genießen darf." (Simon Rimkus, via Facebook)
Berufsschule: Verbesserungsvorschläge aus der Praxis
Im letzten Teil der Strecke stand der Lehrplan auf dem Prüfstand:
Leserin Lisa Boywitt schreibt auf Facebook: „Die Prüfungsordnung und deren Umsetzung wäre im gleichen Atemzug auch zu überprüfen. Ist kein Wunder, dass die Gesellschaft so ein schlechtes Bild von unserem Berufsstand hat, wenn ich sehe, auf welchem Niveau die Abschlussprüfung teilweise "durchgewunken" wird.“
Kritik am Lehrplan übt auch Leser Maarten Sillekens. Er hat Verbesserungsvorschläge: „Entscheidungen treffen in Komplexität fehlt am meisten in unsere Lehrplänen. Ganzheitliches Management: Wie machen wir eine nachhaltige Absichtserklärung mit Ökonomie, Ökologie und Sozialem in Balance? Wie managen wir dabei die Ökosystemprozessen, wie monitoren und optimieren wir? Eine Struktur, die Leute Selbstbestimmung ermöglicht.“