Welcher Eigentümer könnte etwas gegen einen gut laufenden Windpark auf seinem Land haben: Das Geld wird auf den Höfen oft dringend gebraucht. Doch viele Landwirte sind angesichts der Investitionssumme von leicht 10 Mio. € pro Anlage verunsichert, welche Pachtbeträge angemessen und fair sind. Windberater Max Wendt erklärt, worauf er in Verhandlungen achtet.
Was wirkt auf die Pacht?
Die Pachthöhe hängt ab von Gesetzen, Finanz-, Energie- und Rohstoffmärkten, aber auch vom Standort und dem Geschick des Landeigentümers:
Projektreife: Gibt es bereits einen Regional-, Bebauungs- oder Flächennutzungsplan und stellt der Projektierer die Genehmigungsunterlagen zusammen, stärkt das die (Nach-)Verhandlungssituation für die Landeigentümer.
Projektvolumen: Je mehr Windenergieanlagen (WEA) machbar sind, desto höher können die Pachten ausfallen.
Einigkeit: Wer sich zeitnah mit den benachbarten Landeigentümern und Landwirten vernetzt, kann mit wenigen Stimmen verhandeln und verschiebt das Kräfteverhältnis zugunsten der Landeigentümer. Denn der Projektierer kann sie nicht gegeneinander ausspielen.
Windhöffigkeit und Standort: Landeigentümer überschätzten oft den Einfluss von Standortgüte und Antransport der Bauteile auf die Wirtschaftlichkeit. Auch für anspruchsvolle Baustellen in bergigen Regionen gibt es heute Transportlösungen. Einige Projektierer nutzen jedoch gerade diese Argumente, um sein Erstangebot zu untermauern.
Repowering: Weil während der Laufzeit des Pachtvertrags kein anderer im Bestandswindpark repowern kann, legen die Altbetreiber beim Repowering (Austausch der alten WEA gegen neue) häufig noch schwächere Pachtverträge vor als die bestehenden. Als Grund wird oft der kostspielige Rückbau der Alt-WEAs genannt. Nicht erwähnt wird, dass der Weiterverkauf der Alt-WEAs in der Regel den Rückbau mehr als deckt. Lassen Sie sich als Landeigentümer durch solche Argumente und die menschliche Verbundenheit, die sich oft über die Jahre entwickeln, in den Verhandlungen nicht ausbremsen: In Repowering-Projekten liegen erfahrungsgemäß große Chancen bei der Pachtverhandlung.
Möglichst im Pool
Sehr gut ist die Verhandlungsposition, wenn ein Eigentümer den ganzen Park besitzt, wie z.B. die Landesforsten im Wald. Bei landwirtschaftlich genutzten Windvorranggebieten ist die Lage meist komplexer: Ein Windpark mit z.B. 5 Anlagen braucht eine Fläche von rund 100 ha. Oft organisieren sich die Flächeneigentümer dann in einem Flächenpool, um sich von Anfang an nicht als Konkurrenten zu begegnen, sondern als Partner. Die Gruppe bestimmt einen Sprecherkreis, der verhandelt, evtl. weitere Projektierer anspricht oder Rechtsanwälte bzw. Windberater beauftragt.
Eine klassischer einfacher Aufteilungsschlüssel in einem Flächenpool ist:
70 % der Entgelte erhalten alle Eigentümer, mit Flächen im Windgebiet,
20 % erhalten Eigentümer, auf deren Fläche das Anlagenfundament errichtet wird und
10 % der Entgelte fließen für Flächen mit dauerhaften Versiegelungen, insbesondere Kranstellflächen und Wege.
Dass sich bei einem Flächenpool die Pachteinnahmen stark auf die Fläche beziehen, ist meist im Sinne der Landeigentümer. Denn wo letztendlich ein Windrad stehen darf, klärt sich häufig erst sehr spät im Planungsprozess. Teils ist noch im laufenden Genehmigungsverfahren eine Standortverschiebung nötig, wenn z.B. ein schützenswerter Großvogel offiziell kartiert wird.
Welche Pachthöhe?
Die Pacht entspricht in der Regel einem Anteil von durchschnittlich zwischen 9 bis 15 % des Stromerlöses. Höhere Anteile sind möglich, wenn sich die Landeigentümer vernetzen, schlüssige Argumentationen aufbauen und mutig in die Verhandlung treten. Wichtig ist außerdem:
Vereinbaren Sie eine in jedem Fall zu zahlende Mindestpacht, z.B. in Höhe von 70 % der planmäßigen Stromerzeugung. Ich empfehle eine stufenweise Erhöhung alle 5 Jahre zur Inflationsbereinigung und eine quartalsweise Zahlung. Die Mindestpacht ist wichtig, um das Risiko von defekten Windenergieanlagen, Abschaltung wegen Netzüberlastung (Redispatch) oder nachträglich verhängten Naturschutzauflagen abzufedern. Zunehmend werden auch negative Strompreise die Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen einschränken. Um sich hier abzusichern, sollten Sie Fachkanzlei für Energierecht zu Rate ziehen. Dazu der Rat: Verhandeln Sie die Mindestpacht mit Augenmaß, da auch der Projektierer etwas Spielraum benötigt. Ein wesentlich größerer Hebel ergibt sich meines Erachtens über die Jahre bei der Verhandlung der prozentualen Erlösbeteiligung.
In der Praxis dauert es rund sechs Jahre, bis die erste Kilowattstunde ins Netz geht. Fordern Sie ein spürbares Bereitstellungsentgelt für diese Zeit. Meist zahlt der Projektierer bei „Meilensteinen“ wie Vertragsabschluss, Genehmigungserhalt und Inbetriebnahme. Diese Zahlungen sollten bei Nicht-Erfolg nicht rückzahlungspflichtig sein.
Berücksichtigen Sie im Vertrag, dass das EEG als Förderinstrument mittelfristig eingeschränkt sowie letztlich auch abgeschafft werden könnte. Wie das Mindestentgelt sinken kann, wenn es an eine Vergütung laut EEG-Zuschlagswert geknüpft ist, lässt sich an unserem Beispiel auf der folgenden Seite ablesen. Bei einer Vergütung von 6,5 ct/kWh x 1,2 Korrekturfaktor, also 7,8 ct/kWh liegt das Mindestentgelt bei 56.300 €. Sinkt die Zahlung aus dem EEG z. B. auf 5 ct/kWh, wären es nur noch 36.250 € pro Jahr. Mit dem standortspezifischen Korrekturfaktor fördert das EEG windschwächere StandorteBerücksichtigen Sie im Vertrag, dass das EEG als Förderinstrument mittelfristig eingeschränkt sowie letztlich auch abgeschafft werden könnte. Ist Ihr Mindestentgelt an einen EEG-Zuschlagswert geknüpft, wie in unserem Beispiel unten im Kasten an 6,5 ct x 1,2 Korrekturfaktor, d.h. 7,8 ct, würde es bei sinkenden Zahlungen aus dem EEG, z.B. auf 5 ct/kWh nicht mehr die gedachten 56.300 € betragen sondern nur noch 36.250 EUR.
Halten Sie fest, dass Sie nach Ablauf jedes Betriebsjahres Kopien von sämtlichen Belege erhalten. Durch diverse Vermarktungswege, Lasteinsenkungen etc. entstehen schnell 100 Belege und mehr. So können Sie die Plausibilität Ihrer Erlösbeteiligungszahlung nachvollziehen.
Zusatzeinnahmen pushen Wirtschaftlichkeit
Anhand von Investitionskosten, Windlage und Strompreis lassen sich zwar die Erlöse aus der Stromproduktion überschlägig kalkulieren (s. Kasten). Zu den Stromeinnahmen erwirtschaften Betreiber aber oft weitere Einnahmen:
Power2X: Künftig werden Anlagenbetreiber Strom in andere Energieträger veredeln, wie z. B. Wasserstoff, Bio-Ammoniak oder durch Zwischenspeicherung in einem Batteriespeicher.
Mobilfunk-Antennen: Anteilige Nutzungsentgelte aus einer Mobilfunkantenne klingen gut, bringen aber meist keine hohen Erträge, da sie bei lediglich rund 3.000 €/Jahr liegen.
CO2-Zertifikatshandel: Der Betreiber kann auch über den CO2-Zertifikatshandel zusätzliche Einnahmen erzielen.
Gelingt dem Betreiber über eine gelungene Vermarktung ein wesentlich höherer Erlös, als über das EEG angenommen, sollten Sie ab einem Schwellwert, z. B. von 9 ct/kWh, prozentual stärker an dem Mehrertrag aus dem Strom beteiligt werden.
Schutz vor Inflation?
Viele Projektierer schrecken vor einer Inflationsschutzklausel zurück, da das Mindestentgelt den Erlösanteil übersteigen und im schlimmsten Fall dem Betreiber die Insolvenz drohen könnte. Wichtig ist es deshalb, dass Sie bei der Mindestentgeltstaffelung sowie bei dem prozentualen Erlösanteil stufenweise Erhöhungen erwirken.
Was ist noch wichtig?
Neben der Pachthöhe sollten Sie im Pachtvertrag z. B. auch noch festlegen:
Ordnungsgemäßer Rückbau des gesamten Windparks, abgesichert mittels einer ausreichenden Rückbaubürgschaft, je nach Projektspezifikationen zwischen 25.000 bis 35.000 €/MW.
Marktüblich ist, dass Betreiber eine Haftpflichtversicherung über 10 Mio. € abschließen. Die Eigentümer sollten bei der Haftung außen vor bleiben.
Grundbucheintragungen zugunsten des Windparkbetreibers sollten auf eine feste Laufzeit von z. B. 35 Jahren beschränkt sein. Danach hat der Betreiber sie auf eigene Kosten zu löschen.
Ruhe bewahren!
Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und prüfen Sie kritisch jedes Erstangebot – in der Regel sind Verbesserungen durch eine gelungene Verhandlung immer erreichbar. Eine schnelle Unterschrift beschleunigt weder das Verfahren noch erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass eine WEA gerade auf Ihrem Grundstück gebaut wird. Besprechen Sie den Vertrag wegen der langen Laufzeiten von rund 30 Jahren mit der Familie und ziehen Sie Anwälte und Berater hinzu.
Verhandeln Sie mit dem Projektierer die Kostenübernahme für eine Rechtsberatung Ihrer Wahl. Lassen Sie sich jedoch nicht zu billig „abspeisen“: Eine vernünftige juristische Vertragsprüfung kostet mind. 5.000 € netto.
Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Eine schnelle Unterschrift beschleunigt weder das Verfahren noch erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass eine WEA gerade auf Ihrem Grundstück gebaut wird.
Sie können auch einen Windberater dazu ziehen, der die kommerzielle Optimierung des Vertrages, die Kommunikation mit dem Fachanwalt sowie sämtliche Korrespondenzen über die Jahre der Projektentwicklung für Sie übernimmt. Statt eines Stundensatzes können Sie eine erfolgsabhängige Vergütung bezogen auf den erzielten Mehrerlös verhandeln, die erst dann fließt, wenn Sie das Geld auf dem Konto haben.
Windpachten sind gestiegen
Die Windbranche befindet sich aufgrund der aktuell sehr positiven Vorzeichen in einer großen Aufbruchsstimmung. Gleichwohl zeichnen sich bereits auch schon die ersten Gewitterwolken am Himmel ab, da die Bundestagswahl im Februar 2025 wieder viel Errungenes zurückfahren wird. Diese externen Faktoren haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Pachtmarktes. Glättet man jedoch der Einfachheit halber die vergangenen zehn Jahre der Pachtentwicklung, so hat sich das Pachtniveau faktisch verdoppelt. Zu bedenken ist dabei allerdings: In diesem Zeitraum hat sich auch der Jahresenergieertrag heutiger Anlagen verdreifacht.
Am Windpark beteiligen?
Wer überlegt, sich selbst am Windpark zu beteiligen, kann eine Beteiligungsoption zu Vorzugskonditionen verhandeln. Über eine Minderheitsbeteiligung von z. B. 0,1 % kann die Fläche auch erbschaftsteuerlich verschont werden.
Zur finanziellen Absicherung der Beteiligungsoption ist empfehlenswert, eine kapitalisierte Einmalzahlungsoption in den Vertrag zu verhandeln. Sie sollte mehrere Staffelungen vorsehen, z. B. fünf Jahre, zehn Jahre oder 20 Jahre sowie eine Regelung zu den jeweiligen Zinsen. Bitte nehmen Sie in den Vertrag auch auf, dass bei Ziehung der Einmalzahlungsoption dennoch Ihr Anspruch auf Fortzahlung des jährlichen Erlösanteils nicht verloren geht.
Was erhält der Landeigentümer?
Wie man hinsichtlich der Stromerlöse rechnen könnte, zeigt ein Beispiel für einen Windpark mit 5 Anlagen der 7-MW-Klasse auf 100 ha. Dieser erwirtschaftet pro Jahr einen Umsatz von 6,435 Mio €. Wenn man von 16.500.000 kWh Nettojahresproduktion pro Anlage; 0,065 ct/KWh Vergütungspreis nach Ausschreibung und einem standortspezifischen Korrekturfaktor gemäß EEG von1,2 ausgeht.
Der Flächenpool hat eine Beteiligung von 10 % an den Stromerlösen verhandelt, insgesamt 643.500 € jährlich. Der Betrag wird wie folgt aufgeteilt:
70 % für die gesamten 100 ha aller Flächeneigentümer, entsprechend 450.450 €/Jahr, bzw. 4.504 €/ha.
20 % für Fundamentflächen, also 128.700 €/Jahr für alle fünf Fundamente, bzw. 25.740 €/Fundament.
10 % für alle versiegelte Flächen, also 64.350,00 €/Jahr für alle.
Wer 10 ha, 1 Fundament, und 15 % der versiegelten Fläche einbringt, erhält für die 10 ha Fläche 45.045 €, für das Fundament 25.740 € und für die 15 % der versiegelten Fläche 9.653 €, insgesamt also 80.437 € jährlich. Liegt das Mindestentgelt bei 70 %, sind das 56.300 € pro Jahr. Haben Sie als Flächeneigentümer vereinbart, dass Sie auch an weiteren Entgelten aus der Vermarktung partizipieren, können pro Jahr leicht noch einmal 10 - 20 % Mehreinnahmen generiert werden.