Die Diskussion um den Vorschlag der EU-Kommission zur Anpassung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) – also die Neuregelung der Milchlieferbeziehungen – beschäftigt die Milchbranche.
Dies wurde einmal mehr beim diesjährigen Brüsseler Gipfel des Milchindustrie-Verbandes (MIV) vergangene Woche in der bayerischen EU-Vertretung deutlich. Kritiker und Befürworter lieferten sich intensive Wortgefechte.
Milchindustrie-Chef: „Gut gemeint, nicht gut gemacht“
Der Vorsitzende des MIV, Detlef Latka, bezeichnete die von der EU-Kommission geplanten Anpassungen als „gut gewollt, aber schlecht gemacht“.
Kritik übte er unter anderem an der Vorgabe, die Auszahlungspreise oberhalb der Produktionskosten zu fixieren. Je nach Betrieb gebe es große Unterschiede. Das freie Spiel von Angebot und Nachfrage dürfe nicht staatlich außer Kraft gesetzt werden.
Kommissionsbeamter von Kritik überrascht
Sichtlich verärgert über die Kritik an den Novellierungsvorschlägen zeigte sich der Generaldirektor der Generaldirektion für Landwirtschaft (DG AGRI) in der EU-Kommission, Wolfgang Burtscher.
Bauernproteste falsch verstanden?
Er erinnert daran, dass sich bei den EU-weiten Bauernprotesten viele Vertreter des Berufsstandes lautstark darüber beklagt hätten, dass oftmals die erzielten Produktpreise die entsprechenden Kosten nicht decken würden.
Er sei damals von Agrarvertretern zum Gegensteuern aufgefordert worden. Jetzt höre er von derselben Seite das Gegenteil. „Ich glaube, ich bin im falschen Film“, beklagte sich Burtscher.
EU-Abgeordnete über Markt-Reform gespalten
Gegen die von der Kommission geplante weitgehende Vertragspflicht und das Verbot des Verkaufs unter Produktionskosten im Artikel 148 sprachen sich auch die beiden Europapolitiker Stefan Köhler von der CSU und Christine Singer von den Freien Wählern aus.
Beide unterstrichen die üblicherweise fairen Geschäftsbeziehungen zwischen Landwirten und genossenschaftlich als auch privat organisierten Molkereien. Zugleich warnen beide vor weiteren Bürokratielasten durch die geplante Vertragspflicht. Köhler wünscht sich von der Kommission stattdessen, dass Betriebe sich zu noch größeren Vereinigungen als bisher monopolrechtlich möglich zusammenschließen dürfen.
EU-Grüner Waitz: Kleinbauern profitieren von Kommissionsplänen
In ein komplett anderes Horn stieß der Agrarsprecher der Grünen im Europaparlament, Thomas Waitz. Er kritisierte, dass Milcherzeuger immer erst kurzfristig über den gültigen Milchpreis von den Molkereien informiert würden.
Es sei unverständlich, dass bei den allermeisten Produkten die Abnahmekonditionen vertraglich geregelt seien, bei der Milch gebe es aber immer noch Probleme. Zudem unterstrich der Österreicher, dass vor allem Kleinbetriebe von den Vorschlägen der EU-Kommission profitieren würden, da ihnen oftmals die Verhandlungsmacht fehle.