Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Die Situation für Milcherzeuger in Deutschland ist in Ordnung: 2024 sind die Kosten für Futtermittel, Dünger und Energie gesunken. Auch die Inflation hat sich weitestgehend normalisiert. Mit rund 48 Cent/kg mittleren Milchpreis im vergangenen Jahr befindet sich das Milchgeld auf ordentlichem Niveau. Vor allem feste Notierungen für Butter und Käse stützen die Milchauszahlungspreise.
Viele Unsicherheiten für Milchmarkt
Trotz überdurchschnittlicher Preise in den zurückliegenden drei Jahren gibt es kein größeres Milchaufkommen. Das erklärte Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin der Zentralen Milchmarkt Berichterstattung (ZMB), den rund 500 Besuchern des diesjährigen Berliner Milchforums in der vergangenen Woche. Für die Expertin sind vielschichtige Herausforderungen verantwortlich dafür, dass die Milchanlieferung rückläufig ist:
2014: russischer Importstopp
2015: Quotenende
2019: Green Deal
2020 bis 2022: Corona-Pandemie
seit 2022: Ukraine-Krieg
seit 2023: Tierseuchen (Blauzungenkrankheit in Europa, Vogelgrippe in den USA, Maul- und Klauenseuche in Deutschland und Ungarn; siehe Kasten unten)
2025: Zollstreit mit den USA
Hinzu kommen Unsicherheiten wie Klimawandel oder neue westliche Ernährungsgewohnheiten. Das führt zu immer weniger Milchkühen und -erzeugern in Deutschland. Dabei ist die Abnahme in Süddeutschland sogar noch am schwächsten, führte Wohlfarth aus.
Zollpolitik der USA
Auch wenn die USA für Deutschland kein großer Exportmarkt sind, spielen sie für die EU insgesamt eine wichtige Rolle. „Die Zollpolitik der neuen US-Regierung kann Warenströme am Weltmarkt verändern“, betonte die Fachfrau.
Für Europa hat Donald Trump Zollerhöhungen von 25 % auf alle Produkte angedroht. „Die EU 27 liefert etwa 10 % ihrer Käseexporte, rund 20 % ihrer Butterexporte und 20 % Kaseinexporte in die USA“, zählte Wohlfarth auf. China hat als Antwort auf die amerikanische Politik die Zölle für Milchprodukte aus den USA um 10 % angehoben, Molkepulver aber davon ausgenommen. In Summe gehen 51 % der Milchexporte der USA nach Mexiko, China und Kanada. „Insgesamt könnte der Protektionismus wie in den USA oder China die Warenströme am Weltmarkt verändern und Inflationen wieder anheizen“, befürchtete die Marktexpertin.
Tierseuchen beeinflussen Milchmarkt
Neben dem Protektionismus könnten vor allem Tierseuchen auf den Milchmarkt beeinflussen, meint Monika Wohlfahrt. Während sich die Maul- und Klauenseuche laut Monika Wohlfahrt kaum auf die Milchmenge ausgewirkt hat, liegt die deutsche Milchanlieferung seit dem rasanten Ausbruch der Blauzungenkrankheit Serotyp 3 (BTV3) im Sommer 2024 unter dem Niveau der Vorjahre.
Blauzungenkrankheit kommt 2025 zurück
Die Viruserkrankung übertragen durch Stechmücken hatte im letzten Jahr nicht nur zu Milchleistungsverlusten, Aborten und Krankheitssymptomen gesorgt, sondern auch zu einer Übersterblichkeit bei Rindern ab Juli/August. Das zeigte Dr. Jörn Gethmann vom Friedrich-Loeffler-Institut in seinem Vortrag. Insgesamt schätzt er die Übersterblichkeit auf rund 28.000 Rinder.
In diesem Jahr könnte sich BTV3 erneut stark ausbreiten, befürchtet der Wissenschaftler. Laut HIT-Daten sind nur rund 1,8 Mio. Rinder geimpft von rund 10,8 Mio. Rindern in Deutschland.
Vogelgrippe grassiert in US-Milchkuhbetrieben
In den USA grassiert die Vogelgrippe auf Milchkuhbetrieben. Anfang 2024 waren erstmals Fälle von hochpathogenem aviären Influenzavirus Subtyp H5N1 (HPAIV H5N1) bei Milchkühen bestätigt. Im Laufe des Jahres hatten sich mehrere Menschen mit dem Virus infiziert und mindestens einer ist gestorben.
Rund 980 Milchkuhbetriebe sind mittlerweile in den USA davon betroffen, knapp 750 davon alleine in Kalifornien berichtete Monika Wohlfahrt in ihrem Vortrag und erklärte: „Der Bundesstaat macht rund 18 % der US-Milchproduktion aus. In Kalifornien hat sich die Milchmenge durch den Seuchenausbruch um 6 bis 7 % reduziert.“